: Sicher nicht in den Volkspark
Nach Fan-Krawallen auf St. Pauli neue Diskussionen um das Millerntorstadion ■ Von Eberhard Spohd und Sven-Michael Veit
„Eine solche Situation“, glaubt der sozialdemokratische Innen- und Sportsenator Olaf Scholz, werde sich „nicht wiederholen“. Der FC St. Pauli werde weiterhin am Millerntor spielen, „und die Hamburger Polizei stellt das sicher“. Allerdings hoffe sein Chef, so dessen Sprecher Christoph Holstein, „auf ein neues Stadion, in dem die Sicherheitsvorkehrungen auf dem neuesten Stand“ seien.
Polizeisprecher Reinhard Fallak hatte sich zuvor weit aus dem Fens-ter gelehnt mit der Forderung, der FC St. Pauli solle bei so genannten Risikospielen besser in das Stadion des ungeliebten Lokalrivalen Hamburger SV umziehen: „In der AOL-Arena haben wir diese Probleme nicht“, sagte Fallak und schürte damit die Zweifel an den Sicherheitsvorkehrungen rund um das Stadion des FC St. Pauli auf dem Heiligengeistfeld. Diese hatten sich an den Krawallen nach dem Bundesliga-Debüt des Aufsteigers gegen Hertha BSC Berlin am Sonntagabend entzündet.
Bei Schlägereien zwischen Fan-Gruppen beider Vereine im und vor dem Stadion sowie auf dem Kiez wurden zwei Polizisten verletzt. Von den rund 2000 Fans von Hertha stufte die Polizei etwa 250 als gewaltbereit ein. Fünf Personen wurden festgenommen, 18 weitere befanden sich gestern Nachmittag noch in Gewahrsam. „Was mich besonders überrascht hat“, zieht Fallak Bilanz, „war, dass so viele St.-Pauli-Fans mitgemischt haben.“ So sei ein Polizist von einem Hamburger mit einem abgebrochenen Flaschenhals im Gesicht verletzt worden.
Das Millerntorstadion hat zur Südtribüne, auf der Fangruppen beider Vereine in unmittelbarer Nachbarschaft stehen, lediglich einen Zugang von der Budapester Straße aus. Diesen Eingang benutzen darüber hinaus auch Zuschauer, die auf die Haupttribüne wollen. Die Trennung rivalisierender Fans bei An- und Abreise sei nicht möglich: „Durch diese Situation wird unsere Arbeit enorm erschwert“, bedauerte Fallak.
Tatjana Groeteke, Geschäftsführerin des FC St. Pauli, verwies da-rauf, dass alle Auflagen des DFB-Sicherheitsausschusses im Stadion erfüllt worden seien. „Die Ausschreitungen sind nur passiert, weil Hertha BSC die falschen Fans mitgebracht hat. Das ist das schwie-rigste Fan-Potenzial in der gesamten Bundesliga“, meinte Groeteke und fragte: „Warum dürfen solche Leute überhaupt zum Fußball gehen, wenn sie später einen ganzen Stadtteil in Schutt und Asche legen wollen?“ St. Paulis Manager Stephan Beutel will erkannt haben, dass „man gegen Krawallmacher nicht hunderprozentig gefeit“ sei. Die Heimspiele würden dennoch weiterhin am Millerntor ausgetragen, die Sicherheitsvorkehrungen jedoch sollten verbessert werden.
Fallak hält es unterdessen für ratsam, weitere „Risikospiele“ in die AOL-Arena zu verlegen. Als solche sind die Partien gegen Hansa Rostock, Energie Cottbus und den HSV eingestuft worden. Doch lediglich die beiden Lokalderbys werden am Volkspark ausgetragen. „Vor Saisonbeginn hatten wir Verhandlungen mit dem DFB geführt. Der hat es nach Rücksprache mit dem FC St. Pauli abgelehnt, das Spiel gegen Hertha BSC zu verlegen“, sagte Polizeisprecher Fallak. „Zu sagen, dort finde keine Gewalt statt, ist natürlich Quatsch. Aber dort können wir die Gruppen besser kanalisieren.“
Am Mittwoch werde es, so kündigte Groeteke an, erneut Gespräche zwischen der zuständigen Wache 16 und dem Verein geben, denn bis zum Eintreffen der nächsten als gefährlich eingestuften Fans ist nicht mehr viel Zeit: Hansa Rostock kommt bereits am 12. August zum FC St. Pauli.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen