: Hat Hundertwasser in der Humboldtstraße gewirkt?
■ Bunt geflieste Fassade zieht viele Blicke an / Bremer Fan des berühmten Österreichers wollte ihm ein Andenken schaffen
Abgerundete Kanten und Winkel und farbenfrohe Spielereien aus Fliesen prägen das Bild der viel bestaunten Außenwand, eine geschwungene Speckflagge aus rot-weißen Kacheln „weht“ am Türeingang. Die für Hundertwasser typischen Kugeln finden sich auch und zieren das Treppengemäuer.
Wurde in der Humboldtstraße 138 einer der letzten Entwürfe des Wiener Malers und Architekten verwirklicht? „Nein, ich bin nur ein großer Hundertwasser-Fan“, gibt Thilo von Thien den Einfluss seines großen Vorbildes unverblümt zu. „Ich verehre Hundertwassers Arbeiten und wollte ihm mein persönliches Andenken schaffen.“ Im April vergangenen Jahres war Friedensreich Hundertwasser gestorben.
Mit Tomislav C. hat der Keramikkünstler Thilo von Thien einen Hauseigentümer gefunden, der für seine ausgefallene Idee offen war. „Eigentlich sollte Thilo nur meine Außenwand restaurieren, aber er hatte ganz andere Einfälle“, erzählt der Hausbesitzer. Von Thien hatte in Gröpelingen bereits einen Hinterhof gestaltet und suchte nun nach einem Objekt, das von außen eingesehen werden kann.
Altbremische Fassaden seien in der Nachbarschaft genug zu sehen, davon war er überzeugt und reichte seinem Auftraggeber deshalb drei Vorschläge ein: einen konventionellen glatten Verputz und zwei Hundertwasser-Anlehnungen. „Aber ausgerechnet für den chaotischsten hat sich Tomislav entschieden“, erinnert sich der gelernte Maurer und Fliesenleger. Das Individuelle habe Tomislav C. gereizt und nach zwei Tagen Bedenkzeit gab er sein Okay.
So verwandelte sich das zuvor verklinkerte Gebäude seit Anfang Mai langsam in einen Blickfang. Die Nachbarschaft war begeistert. Ganz im Gegensatz zum gelb-blauen Anstrich des gegenüberliegenden Hauses, das manch nachbarschaftliche Kritik angezogen hatte.
„Man glaubt gar nicht, wie viele Leute sich eigentlich wünschen, ihr Eigenheim künstlerischer zu gestalten“, stellt Tomislav C. fest. Es kämen sogar Interessierte von außerhalb, um die eine seiner vier Wände zu bestaunen. Von Thien wird es freuen. „Erste Anfragen auf weitere Arbeiten hat es schon gegeben“, sagt der Hundertwasserverehrer.
Der Eigentümer des Pilotobjektes in der Humboldtstraße kann seinen Künstler nur weiterempfehlen: „Es war richtig, sich vom Gefühl und nicht von der Vernunft leiten zu lassen.“ Nur bei der Inneneinrichtung müsse er manche Erwartungen enttäuschen. Für runde Wände fehlen mir die Möbel“, sagt Tomislav C. ff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen