: Joe Cockers Bier segelt nach Belgien
■ Beck's wird für 3,5 Milliarden Mark an den Bierriesen Interbrew verkauft / Bremen verliert nach Vulkan, Jacobs und der AG Weser seine letzte große Marke/Jubel bei den Gesellschaftern / Jobs angeblich sicher
Auf dem Anwesen von Kristin Biron von Curland am bayerischen Ammersee knallten gestern die Sektkorken: Durch den Verkauf von Beck & Co. an den belgischen Biergiganten Interbrew winken der Prinzessin aus deutsch-russischem Adelsgeschlecht knapp sechs Millionen Mark – dabei hält sie mit 0,17 Prozent den kleinsten Anteil an der Bremer Biermarke. Ihr Mann Eni sagte der taz: „Die Prinzessin ist sehr glücklich.“
Auch bei den anderen 66 Beck's-Gesellschaftern dürfte die Freude groß sein: Insgesamt zahlt Interbrew, mit einem Umsatz von 11,1 Milliarden Mark die zweitgrößte Brauerei der Welt, 3,5 Milliarden Mark für den Kauf der Beck's-Anteile (siehe Seite 8). Wenn Kartellbehörden und Gesellschafter zustimmen, soll der Kauf im Februar 2002 vollzogen sein.
Dann ist Bremen endgültig verlängerte Werkbank einiger Multis geworden. Nach Vulkan, Jacobs oder der AG Weser verliert die Hansestadt mit Beck's die letzte große Marke, über die noch in Bremen entschieden wird. Die Politiker waren dennoch zufrieden: Bürgermeister Henning Scherf (SPD) war „zuversichtlich“, Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) sagte: „Ich bin sicher, dass die neuen Eigentümer wissen, wie wichtig das Attribut ,brewed in Bremen' ist. Deshalb werden sie Standort und Arbeitsplätze sichern.“
Auch die Arbeitnehmervertreter haben derzeit keine Angst um die 3.700 Beck's-Brauer, von denen 1.500 in Bremen arbeiten. „Die Belgier werden den Mercedes unter den Bieren nicht in einem Billiglohnland wie Tschechien produzieren“, sagt Betriebsrat Günter Beneke. So sieht das auch Unternehmenssprecherin Ulrike Grünrock-Kern: „Interbrew würde nicht so viel investieren, wenn es mit Beck's nicht richtig Geld verdienen wollte.“ Die Belgier besäßen mit „Stella Artois“ nur eine international bekannte Marke. Grünrock-Kern: „Wir gehen davon aus, dass Beck's weltweit das Premium-Bier für Interbrew wird.“ Zudem hätten die Belgier funktionierende Vertriebskanäle in die USA, den Benelux-Staaten und Osteuropa. Das würde sich „hervorragend“ mit der starken Beck's-Position in Italien und Großbritannien ergänzen.
„Der Kaufpreis ist ungewöhnlich hoch“, meint hingegen Heiner Heseler von der Kooperationsstelle Arbeitnehmerkammer – Universität. Die Beck's-Rendite würde die Summe kaum rechtfertigen – die größte deutsche Exportbrauerei erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Gewinn in Höhe von 100 Millionen Mark. Deshalb hätten die Belgier mit dem Beck's-Deal eher strategische Ziele im Visier. Heseler: „Interbrew will mit Beck's und anderen Brauereien den deutschen Markt erobern. Dann dürften Synergien beispielsweise bei der Verwaltung zu erzielen sein.“ In der Vorwoche hatten die Belgier 80 Prozent der niederrheinischen Altbiermarke Diebels übernommen.
Der Beck's-Deal ist nur ein Schritt im großen Biermonopoly, das sich derzeit auf dem deutschen Markt abspielt. Zwar sinkt der Bierabsatz, dennoch ist das Land des Reinheitsgebotes mit 20 Milliarden Mark Umsatz im Jahr weltweit drittgrößter Markt. Noch gibt es 1.270 Brauereien mit 5.000 verschiedenen Biersorten zwischen Bodensee und Rügen. Im Februar war der Beck's-Konkurrent Heineken bei der Bayrischen Bierholding („Paulaner“) eingestiegen. „Weitere Käufe werden folgen“, meinte Michael Hollmann, Chef der deutschen Nummer 3, der Dortmunder Brau und Brunnen – „hundertprozentig.“ Kai Schöneberg
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