Guter Rat: PatientInnenrechte und Schadenersatz :
Die Zeitungsberichte überschlagen sich: Jahrelang wurde Lipobay gegen zu hohen Choles-terinspiegel verschrieben – jetzt nimmt der Bayer-Konzern das Medikament wegen seiner gehäuft tödlichen Nebenwirkungen vom Markt. Und im Universtätskrankenhaus Eppendorf werden Herzoperationen von einem Arzt vorgenommen, der so krank ist, dass man ihm den Führerschein entziehen sollte.
Doch es müssen nicht immer derart dramatische Fälle sein, die die Frage nach den Rechten der PatientIn und die Forderung nach Schadenersatz aufwerfen: Da verursacht das Präparat gegen Bluthochdruck auch juckende Pus-teln, und seit der letzten orthopädischen Behandlung spielt der Darm verrückt.
Seit dem Bernbeck-Skandal in den 80er Jahren sind PatientInnen vielfach aufmerksamer geworden und hinterfragen vermehrt die Vorgaben der „Halbgötter in Weiß“. Auch im Bereich der PatientInnenrechte hat sich vieles verbessert. Die Rechtsprechung sichert die PatientInnenrechte und ihre Durchsetzung durch Rechtsklarheit bei der Herausgabe von PatientInnenunterlagen und durch die Präzisierung der Aufklärungspflichten ab.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Frage, ob tatsächlich ein dem Arzt zurechenbarer Schaden besteht oder ob er alle seine Pflichten sorgfältig erfüllt hat. Und neben der Pflicht zur Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst (fachsprachlich: lege artis) trifft den Arzt vor allem die Pflicht zur Aufklärung der PatientIn. Denn nur mit dem vollen Wissen über die „Risiken und Nebenwirkungen“ kann die PatientIn wirksam in die – vielleicht riskante – Behandlung einwilligen. Und nur dann ist der Arzt fein raus.
Dabei ist das Problem, dass jeder das beweisen muss, was für ihn vorteilhaft ist. Die PatientIn muss beweisen, dass bei ihr ein Schaden eingetreten ist, und der Arzt muss beweisen, dass er sie vor der Behandlung ausreichend über die Risiken aufgeklärt hat. Ist dies geschehen und kann er es nachweisen (zum Beispiel durch die Unterschrift unter ein Aufklärungsformular), und resultiert der Schaden aus dem Risiko, über das der Arzt aufgeklärt hat, kann die Patientin keinen Anspruch gegen ihren Arzt herleiten und geht leer aus.
Das ist die Theorie. In der Praxis aber lassen sich ÄrztInnen noch immer Beratungen bestätigen, die nicht oder nicht ausreichend stattgefunden haben. Für PatientInnen ist also wichtig, nur zu unterschreiben, worüber sie tatsächlich so aufgeklärt worden sind, dass keine offenen Fragen mehr bleiben. Denn auch die bes-ten Rechte können nicht schützen, wenn sie nicht wahrgenommen werden. Waltraut Braker
Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen