piwik no script img

Stiftungschef geht

Nach Kritik an Berlin wegen Entschädigung wird der Chef der polnischen Versöhnugsstiftung entlassen

WARSCHAU rtr ■ Nach seiner Kritik an Deutschland bei der Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter ist in Polen der Chef der polnisch-deutschen Versöhnungsstiftung, Bartosz Jalowiecki, entlassen worden. Das Büro von Ministerpräsident Jerzy Buzek teilte am Donnerstag in Warschau mit, Jalowiecki habe mit seinen Äußerungen das bei den ersten Entschädigungszahlungen entstandene Problem noch vergrößert.

Jalowiecki hatte gesagt, Deutschland habe einige der NS-Opfer betrogen, weil bei den ersten Entschädigungszahlungen ein ungünstiger Wechselkurs zwischen dem Zloty und dem Euro zugrunde gelegt worden sei. Einige Opfer hätten dadurch bis zu 1.000 Mark weniger erhalten als ihnen nach den Berechnungen urspünglich zugestanden habe.

Die polnische Regierung hatte danach eine Kommission mit der Untersuchung des Falles beauftragt. Die Untersuchung hatte ergeben, dass die polnisch-deutsche Versöhnungsstiftung zu dem Problem beigetragen habe, weil sie die Frage der Wechselkurse nicht schon vor Beginn der Auszahlungen klar geregelt habe.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte am vergangenen Dienstag bei seinem Besuch in Stettin mit dem polnischen Ministerpräsidenten über den Streit um den Zloty-Wechselkurs bei den ersten Tranchen der zugesagten 1,8 Milliarden Mark beraten. Schröder hatte danach gesagt, die Frage müsse zwischen den beteiligten Entschädigungsfonds geklärt werden. Er sagte zu, dass die Bundesregierung eine Lösung unterstüzen werde, schloss jedoch die Zahlung zusätzlicher Gelder definitiv aus.

Jalowiecki wurde durch den Gouverneur von Niederschlesien, Witold Krochmal, ersetzt. Krochmal sagte, das Problem sei durch eine ungenaue Vereinbarung mit der deutschen Seite entstanden. Bei dem Treffen zwischen Schröder und Buzek sei in der Frage ein Durchbruch erzielt worden. Nun müssten die politischen Entscheidungen in Taten umgesetzt werden. Nähere Einzelheiten nannte Krochmal vorerst jedoch noch nicht.

Die 500.000 Überlebenden ehemaligen NS-Zwangsarbeiter in Polen sollen bis zu 15.000 Mark als Entschädigung erhalten. Der Bundestag hatte im Mai nach langen Rechtsstreitigkeiten den Weg für die Auszahlung von zehn Milliarden Mark an insgesamt eine Million überlebende Zwangsarbeiter frei gemacht. Die Summe wird zur Hälfte vom Bund und von der deutschen Wirtschaft aufgebracht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen