Im Interview: Ole von Beust: Liberal mit Schill
■ Warum der CDU-Spitzenkandidat mit der FDP will und mit Schill kann
taz: Glauben sie inzwischen selbst daran, Herr von Beust, dass Sie nach der Bürgerschaftswahl morgen in einem Monat Bürgermeister in Hamburg werden könnten?
Ole von Beust: Eindeutig ja. Die Wechselstimmung ist da, der persönliche Zuspruch mir gegenüber ist da. Es wird eine parlamentarische Mehrheit für den Wechsel geben.
Falls wirklich, dann aber mit einer schwachen CDU. Die Partei stagniert bei den 30 Prozent, die sie schon 1997 hatte.
Ich bin sicher, dass wir noch zulegen werden...
Das sagt die Konkurrenz auch.
Die pfeifen im Walde. Die CDU wird die SPD als stärkste Fraktion ablösen und sie wird den nächsten Bürgermeister Hamburgs stellen.
Einen Bürgermeister von Gnaden des gnadenlosen Richters Ronald Schill. Den brauchen Sie als Mehrheitsbeschaffer.
Ich lege mich jetzt nicht einzelne Parteien für eine Koalition fest. Bestimmen werden die Wählerinnen und Wähler. Entscheidend für eine stabile Regierung ist eine verlässliche Grundlage für alle Partner. Da geht es nicht um Personen und Sympathien, sondern um Programme. Ich persönlich stehe für eine liberale, weltoffene Politik...
Gerade das sollte Sie von Schill fernhalten.
Recht und Ordnung ist nicht antiliberal. Was anderes wäre das Schüren von Ressentiments gegen Ausländer oder andere Minderheiten. Eine solche Politik wird es mit einem Bürgermeister von Beust nicht geben.
Klingt so, als würden Sie lieber mit der FDP koalieren und Schill nur als notwendiges Übel akzeptieren.
Die FDP hat für mich sicherlich die erste Priorität.
Ein wahrscheinliches Wahlergebnis sieht so aus: Keine Mehrheit für Rot-Grün und auch nicht für CDU-Schill. Und die FDP kann in aller Ruhe die Angebote sortieren. SPD und GAL haben entgegen früheren Festlegungen bereits begonnen, Ihnen die Liberalen abzuwerben. Macht Sie das nervös?
Überhaupt nicht. Wer aus kurzfristigem Machtkalkül Ansichten opportunistisch über Bord schmeißt ...
... ist ein Politiker ...
(lacht) Nicht immer, aber meistens, ja. Aber Rot-Grün zeigt damit nur, dass ihnen das Wasser bis zu Hals steht. Die sind nervös, nicht ich.
Interview:
Sven-Michael Veit
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