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Die grüne Mappe

Eine 24-jährige Polizistin erschoss sich. Sie soll gemobbt worden sein. Vor Gericht blieben gestern alle Fragen offen

In dem Prozess gegen zwei leitende Mitarbeiter der Polizei, der gestern vor dem Amtsgericht Tiergarten begonnen hat, geht es um eine schlichte grüne Mappe. Die Bedeutsamkeit dieser Mappe erkennt man daran, dass der Polizeidirektor als Zeuge geladen ist. Die Angeklagten – der Leiter der Polizeilichen Sozialbetreuung Peter N. und die Leiterin des Polizeiärztlichen Dienstes Claudia Sch. – sollen die Mappe als wichtige Ermittlungsunterlage unterdrückt haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.

Nach dem Selbstmord einer Polizistin im Jahr 1997 verschwand nämlich die grüne Mappe aus den Dienstakten, obwohl sie persönliche Notizen der Beamtin und zwei Anzeigen gegen Mitarbeiter enthielt. Das ist brisant, denn der Suizid der Frau war damals vielfach auf Mobbing in ihrer Dienstelle zurückgeführt worden. Vor Gericht gaben die beiden Beschuldigten gestern die Vorwürfe jedoch zurück.

Er habe die Unterlagen der Frau nur „sichern“ wollen, damit sie nicht in falsche Hände gerieten, erklärte der 59-jährige Leiter der Polizeilichen Sozialbetreuung N. Eine Zeitung habe zuvor unter Verwendung von Polizeiinterna behauptet, die Kollegin sei in den Tod getrieben worden. Diese Darstellung sei falsch, so der Angeklagte.

Auch seine Vorgesetzte Sch. kann an ihrem Verhalten nichts Falsches finden. In der grünen Mappe der Polizistin Stefanie L. hätten sich nur Liebesbriefe an deren Chef befunden, meinte sie gestern. Die Briefe zeigten die „innere Zerrissenheit“ einer „kranken Person“. Somit handele es sich hier nur um ein „medizinisches Dokument“. Keinesfalls würde man auf ihrer Dienststelle versuchen, Mobbingfälle zu vertuschen, sagte Sch.

In einem vermeintlichen „Tagebuch“ von Stefanie L. steht bezüglich der grünen Mappe indes nichts von Liebesbriefen. Empfehlungen zur Gründung einer Arbeitsgruppe Tierschutz habe sie ihrem Vorgesetzten gemacht, schreibt sie dort: „Diese Vorschläge heftete ich in eine grüne Mappe und fügte noch zwei (natürlich offizielle Strafanzeigen) wegen der Vorgänge bei der Kriminalpolizei bei.“ Die grüne Mappe adressierte sie an ihren Vorgesetzten und gab sie bei seiner Dienststelle ab. Kurz darauf erschoss sich die 24-jährige Polizistin mit einer Sportwaffe in ihrem Elternhaus.

Zu den beiden Strafanzeigen in der Mappe äußerten sich die beiden Angeklagten in dem Prozess gestern kein einziges Mal. Der Zeuge, Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert, bezeichnete das Handeln seiner Untergebenen als „vernüftig“. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. KIRSTEN KÜPPERS

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