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Steffel machte nicht nur Sprüche

Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel gerät nach Berichten über ausländerfeindliche Aussagen in seiner Jugend in Bedrängnis. Heutige Rechtsextremisten bestätigen „hervorragende Zusammenarbeit“ in der Union in den Achtzigern

von ROBIN ALEXANDER,ROLF LAUTENSCHLÄGERund ANDREAS SPANNBAUER

Den Spitzenkandidaten der Berliner CDU, Frank Steffel, holen nicht nur seine „Jugendsünden“ als laut polternder ausländerfeindlicher Rabauke ein. Der Anwärter für das Amt des Regierenden Bürgermeisters ist auch zu seiner Zeit als Vorsitzender der Jungen Union (JU) und zweiter Mann im Kreisverband Berlin-Reinickendorf Ende der Achtziger- bzw. Anfang der Neunzigerjahre rechten Gruppen nicht aus dem Weg gegangen.

Teile von Steffels junger „Kampftruppe“, erinnert sich ein SPD-Bezirksmitglied, hätten damals ganz bewusst die diskriminierende Politik des rechten Parteiflügels unterstützt und seien mit diesem Thema in den Wahlkampf 1991 gezogen. Außerdem gelte Steffel als der Strippenzieher bei den umstrittenen Verhandlungen der Reinickendorfer CDU mit den „Republikanern“. Mit deren Hilfe war der damalige SPD-Bezirksbürgermeister gestürzt und durch Marlies Wanjura (CDU) abgelöst worden.

In Reinickendorfer CDU-Kreisen hatte Steffel in den Achtzigern zudem Kontakt zu zwei heutigen Führungsfiguren des rechten Randes. Thorsten Thaler, bis 1989 stellvertretender Landesvorsitzender der JU und heutiger Redakteur der Wochenzeitung Junge Freiheit, bestätigte gestern der taz, dass er Steffel damals „ziemlich gut“ gekannt habe. Thaler sprach von einer „hervorragenden Zusammenarbeit“ mit Steffel, der von 1985 bis 1991 Kreisvorsitzender der Jungen Union Reinickendorf war. Dieser habe in der damaligen innerparteilichen Auseinandersetzung zwischen liberalen und konservativen Kräften „ganz sicherlich zu den Konservativen in der CDU gehört“. Thaler trat im Februar 1989 zu den „Republikanern“ über und ist heute Chef vom Dienst der Jungen Freiheit, die vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Auch der Rechtsextremist Frank Schwerdt, heute Mitglied im NPD-Bundesvorstand und 1998 wegen Volksverhetzung inhaftiert, zählt zu Steffels damaligen Parteifreunden. Im Gegensatz zu anderen Christdemokraten habe „die junge aufstrebende Kraft“ Steffel auch nach Schwerdts Übertritt zu den „Republikanern“ 1989 noch mit ihm gesprochen, sagte der ehemalige Pressesprecher des CDU-Kreisverbandes Reinickendorf. „Er gehörte nicht zu den CDU-Leuten, die danach an mir vorbeigelaufen sind.“

Das Liebäugeln mit rechter Gesinnung bestätigte auch der Grünen-Politiker Oliver Schruoffeneger. Insgesamt sei „der Umgang mit rechtskonservativen Tendenzen“ bei Teilen der Nordberliner CDU sowie der Jungen Union „üblich“ gewesen. In der Folge verließen liberale und entnervte CDU-Mitglieder die Partei, darunter der einstige CDU-Stadtrat Burkhard Willimsky.

Am Mittwoch hatte die Illustrierte Max berichtet, Steffel habe sich als Jugendlicher durch Beleidigungen von Minderheiten hervorgetan: „In der Schule war er ausländerfeindlich, Schwarze hat er grundsätzlich als ,Bimbos‘ bezeichnet, Türken als ,Kanaken‘, Behinderte waren ,Mongos‘.“

Nachdem ein CDU-Sprecher den Bericht zunächst in Teilen bestätigt hatte, dementierte Steffel gestern: „Dieses Vokabular entsprach schon damals nicht meinem Wortschatz und natürlich auch heute nicht. Es ist abwegig und leicht durchschaubar, was da heute läuft.“ Die CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld verglich die „anonymen Behauptungen“ mit dem Fall Sebnitz. Es handele sich um „die alten Pressemethoden der Linken, alles als rassistisch zu erklären, was nicht ihrer Meinung ist“. Die SPD wies den Vorwurf, es handle sich um eine gezielte Kampagne, zurück.

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