: Zwangsprostitution: Senat bleibt beim Konzept
■ Bürgerschaft debattierte, wie Frauen am besten zu helfen sei / Grüne gescheitert
Den Opfer von Zwangsprostition und Frauenhandel muss geholfen werden – darin sind sich alle einig, allein in der Wahl der Mittel herrschte gestern Uneinigkeit zwischen den Parteien der Großen Koalition und den Grünen.
Frauenhandel und Zwangsprostitution seien „an Menschenverachtung und Skrupellosigkeit kaum zu überbieten“, brachte Innensenator Kuno Böse (CDU) die allgemeine Verachtung auf den Punkt. Die Grünen fordern die Einrichtung einer unabhängigen Beratungsstelle besonders für Frauen in Abschiebehaft – eine Arbeit, die jetzt einzig die Gruppe „Grenzenlos“ ehrenamtlich leistet. Das von CDU und SPD vorgelegte Konzept sieht hier nur eine Kraft vom Amt für soziale Dienste, die in Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen die Beratung koordiniert. Weiter beinhaltet das Konzepts die intensive Überprüfung der rund 250 Bremer „Modelwohnungen“, die „Gewinnabschöpfung“ der Zuhälter, schließlich die Ausweitung des Zeugenschutzprogramms.
Drei Jahre ist es her, dass das Parlament Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Opfer verlangt hatte – „reichlich unangemessen“, fand dann auch die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Doris Hoch den verstrichenen Zeitraum bis zum fertigen Konzept.
„Sie haben Angst“, erklärte Doris Hoch die Situation der Frauen in Abschiebehaft, „deshalb machen sie oft keine Aussage gegen ihre Peiniger.“ In der Abschiebehaft entstehe auch „nicht das Vertrauensverhältnis, das eine Zusammenarbeit ermöglicht“, so Hoch als Begründung, warum eine unabhängige Beratungsstelle so wichtig sei.
Die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe unterstützt die Forderung der Grünen: „Wünschenswert wäre eine fachkompetente unabhängige nicht-staatliche Beratunsstelle, die mit entsprechenden finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet sein müsste.“ Ähnlich hatten sich zuvor auch die Frauenbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) sowie die evangelische Frauenhilfe geäußert: „Bitte behalten Sie im Blick“, so heißt es in einem Brief an alle Abgeordneten, „dass eine wirksame Hilfe gegen Menschenhandel weder im polizeilichen und juristischen Bereich noch in der sozialbetreuenden Arbeit zum Nulltarif zu haben ist. Sie kann auch nicht von vorhandenen Diensten ,mitgemacht' werden.“
Den Grünen-Antrag lehnte die Bürgerschaft gestern ab. Innensenator Böse hatte die „ganz herzliche Bitte“, die Wirkung des Senatskonzepts abzuwarten. Wenn die ausbleibe, sei auch er der Meinung, dass eine unabhängige Beratung her müsse. sgi
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