Hafenarbeit ist Frauensache

Sozialbehörde, Arbeitsamt und Eurogate qualifizieren Arbeitslose und werben für das Frauen-Berufsfeld Hafen  ■ Von Peter Ahrens

Im Hafen ist der Ton so rauh. Na und? Im Hafen muss man körperlich stark sein, um dort sein Geld verdienen zu können. Alte Ammenmärchen. Und doch geistert das immer noch in den Köpfen herum, wenn man sich die Arbeit im Hafen vorstellt. Klischees, mit denen Frauen aus diesem Arbeitsfeld abgeschreckt werden, mit denen sie sich bisweilen auch abschrecken lassen. Die Zahl der Bewerbungen von Frauen, die sich für Jobs im Hafen interessieren, ist nach wie vor gering, Hafenarbeit bleibt Männersache.

Um damit aufzuräumen, um für das Frauen-Berufsfeld Hafen zu werben – und gleichzeitig Arbeitslosen den Wiedereinstieg in den Job zu ermöglichen, haben Sozialbehörde, Arbeitsamt und der bremisch-hamburgische Hafenriese Eurogate ein neues Projekt gestartet. Zumindest das Eingliedern von Arbeitslosen hat schon sehr gut funktioniert – meistens sind es momentan allerdings noch Männer.

ContainercheckerIn, Decksmann/-frau – die Namen klingen ein bisschen exotisch, was sich dahinter verbirgt, hat Zukunft. Der Containerumschlag wächst von Mal zu Mal, alle halbe Jahre überschlagen sich die Marketingleute der Hafengesellschaften mit neuen Rekordzahlen. Eurogate, neben der Hamburger Hafen- und Lagerhausgesellschaft HHLA der größte Betrieb im Hafen mit allein 1240 Beschäftigten am Hamburger Standort, hat im Vorjahr Zuwächse von 23 Prozent gehabt, in diesem Jahr sind die Zahlen noch einmal um 10 Prozent nach oben gegangen. „Wir haben immer noch starken Arbeitskräftebedarf“, sagt Heinz Brandt, Eurogate-Geschäftsführer in Hamburg. Ausgerechnet der Hafen, klassische Old Economy, ist im Moment ein Job-Sprungbrett für Arbeitslose, während in der New Media-Branche die Arbeitsplätze zurzeit im Dutzend wegbrechen.

Früher, als man sich an den Hafenkais noch mit Stückgut abplagte, da brauchte man die starken Kerls. Heute ist alles technisiert, der Arbeitsplatz ist oft genug der Bildschirm, statt Muskeln sind Qualifikationen gefragt. Die Fähigkeit, am Terminal den Überblick zu wahren, mit der Technik klarzukommen, allerdings auch Höhenfestigkeit zu beweisen, wenn man hoch droben in der Containerbrü-cke sitzt und das Ein- oder Ausladen steuert.

Die Arbeitslosen werden drei Monate lang im Hafen für ihre künftigen Tätigkeiten ausgebildet, fast ausnahmslos Menschen, die vorher gar nichts mit Schiffen oder Containern am Hut hatten: gelernte KFZ-MechanikerInnen, Reisekauffrauen, wer KranführerIn gelernt hatte, gehörte schon zu denen, die die meiste Vorbildung mitgebracht hatten. Alles kein Problem: Die Übernahmequote liegt bei 100 Prozent, alle 32 vormals Arbeitslosen sind jetzt bei Eurogate unter Vertrag. „Wir sind absolut zufrieden“, sagt Brandt, „wenn irgendwer zu Beginn noch Vorurteile hatte nach dem Motto: ,Die liegen doch lieber in der sozialen Hängematte', dann haben die sich inzwischen komplett aufgelöst.“

In diesem Jahr werden 48 Menschen ausgebildet, im kommenden Jahr sind fünf weitere Maßnahmen dieser Art geplant, und dann will man noch intensiver um Frauen werben – auch bei den Arbeitslosen, die jetzt an dem Projekt teilnahmen, war der Frauenanteil noch geringer als erhofft. Zwar steuert zum Beispiel bei Eurogate auch eine Frau die Containerbrücke, aber das ist schon so selten, dass es extra erwähnt werden muss. Ändern könnte sich das, wenn die Fortbildungsmaßnahme in die Europäische Förderinitiative zur beruflichen Gleichstellung EQUAL aufgenommen wird. Ein entsprechender Antrag bei der EU ist gestellt. Dann gäbe es nicht nur mehr Geld, man könnte auch noch öffentlichkeitswirksamer dafür werben, dass Hafenarbeit längst keine Männersache mehr sein muss.