: Die Schulden nehmen kein Ende
Senat macht Kassensturz: Haushaltsrisiken in Höhe von 3,4 Milliarden Mark 2001. PDS: SPD in der Mitverantwortung
Einen Tag nach dem vorgelegten „Kassensturz“ der CDU hat gestern der rot-grüne Senat im Wettlauf um die schönsten Horrorzahlen im Berliner Milliardenloch gekontert. Danach gestaltet sich die Haushaltslage noch dramatischer als bisher angenommen. Rund 9,4 Milliarden Mark „nicht abgedeckter Risiken“ kommen bis zum Jahr 2004 auf den schon jetzt mit 70 Milliarden Mark verschuldeten Haushalt zusätzlich hinzu. Das Risiko allein für das laufende Jahr 2001 beträgt nach Angaben von Finanzsenatorin Christiane Krajewski (SPD) rund 3,4 Milliarden Mark. CDU-Haushaltsexperte Kaczmarek hatte mit seiner Analyse der Finanzen für 2001 rund 3,1 Milliarden Mark und bis 2009 insgesamt 28,9 Milliarden Mark als Haushaltsrisiken diagnostiziert.
Als größten Anteil für die neuen Dimensionen auf der „risikobehafteten Einnahmeseite“ benannte Krajewski die vom früheren Senat erhofften Vermögensveräußerungen, die um 2,1 Milliarden Mark niedriger ausfielen als ursprünglich veranschlagt. Weitere Haushaltsrisiken ergäben sich aus zusätzlichen Ausgaben für Personalkosten in einer Größenordnung von 360 Millionen Mark sowie für die Sozialhilfe von rund 270 Millionen Mark. Zugleich seien die Erwartungen des Liegenschaftsfonds als ungedeckte Schecks zu betrachten.
„Die Krise der Berliner Finanzen“, kritisierte Krajewski, sei teilweise „selbst verschuldet“. Es müsse nun „Schluss mit den Luftschlössern“ gemacht werden, so die Finanzsenatorin bei ihrem „Kassensturz“. In den vergangenen Jahren seien die Erlöse aus Vermögensaktivierung „regelmäßig überschätzt worden“. Zudem seien die Ausgabepositionen „systematisch unterveranschlagt worden“.
Ab 2002 könnten sich die größten Haushaltsrisiken aus der sich verzögernden Flughafenprivatisierung mit 270 und durch die Freistellung der Fehlbelegungsabgabe von rund 65 Millionen Mark ergeben. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Wohnungsbauförderungen (2,2 Milliarden Mark) die tiefsten Löcher in den Haushalt bis 2004 frisst.
Welche Strategien der neue Senat zur Minderung der Deckungslücken im Detail in die Wege leiten will, soll in den kommenden Wochen mit den jeweiligen Ressorts sowie dem Bund besprochen werden.
Während Kaczmarek dem Senat „Unvermögen“ vorwarf, da er Risiken – unter anderem jene aus dem Wohnungsbau- und Krankenhausbereich – nicht ausreichend berücksichtigt habe, sieht PDS-Fraktionschef Harald Wolf in dem Kassensturz einen „ersten Schritt“ zur Haushaltskonsolidierung. Die Bestandsaufnahme mache aber auch deutlich, so Wolf, in welch unverantwortlicher Weise in der Vergangenheit Finanzpolitik betrieben habe. Es sei „positiv“, dass Krajewski die Zahlen vorlege, die SPD könne aber von der Mitverantwortung für das Debakel nicht freigesprochen werden. ROLA
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