piwik no script img

Gemischte Reaktionen auf Schilys Islamistenverbot

Die vom Innenminister geplante Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz löst Zweifel bei Grünen und PDS aus. Grüne warnen vor pauschaler Diskriminierung des Islam. Der CDU-Politiker Rupert Scholz unterstützt Schily und spricht von einer „vernünftigen Klarstellung“

KÖLN taz ■ Auf sehr unterschiedliche Reaktionen war Innenminister Otto Schily (SPD) gestoßen, mit einer Änderung des Vereinsgesetzes wirkungsvoller gegen radikal-islamistische Gruppen vorzugehen (die taz berichtete am Donnerstag). Während die CDU den Vorschlag begrüßt, sehen FDP und Grüne noch Prüfungsbedarf. Scharfe Ablehnung kommt von der PDS.

Schily hatte angekündigt, das Religionsprivileg aus dem Vereinsgesetz streichen zu wollen. Damit solle dafür gesorgt werden, dass extremistische Vereinigungen nicht länger unter dem Deckmantel des Religionsprivilegs Verbote umgehen können. Dies sei eine „vernünftige Klarstellung“, sagte der Vorsitzenden des Bundestagsrechtsausschusses, Rupert Scholz (CDU), der taz. Auch Religionsgemeinschaften hätten sich an Verfassung und Gesetze zu halten. Das würde durch die geplante Streichung des bisher „sehr pauschal“ formulierten Religionsprivilegs im Vereinsgesetz sinnvoll hervorgehoben. Allerdings sei es ein Irrtum zu glauben, damit werde das Religionsprivileg generell abgeschafft: „Das Religionsprivileg als solches kann man nicht streichen, da es im Grundgesetz verankert ist.“

Mit Zurückhaltung reagierte die FDP. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, erklärte: „Wir müssen natürlich feststellen, dass unter dem Mantel der Religion Vereinigungen gegründet worden sind, die nicht im Entferntesten etwas mit Religion zu tun haben – gerade im islamischen Bereich.“ So sei der von Schily als abschreckendes Beispiel angeführte „Kalifatsstaat“ des Radikalislamisten Metin Kaplan „nur die Spitze des Eisbergs“. Allerdings sei fraglich, ob mit der Änderung des Vereinsgesetzes tatsächlich die Möglichkeiten, gegen solche Gruppen vorzugehen, erweitert würden.

Skepsis auch bei den Grünen: Die rechtliche Prüfung sei bisher nicht abgeschlossen, sagte der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, gegenüber der taz. Die Fraktion wolle sich noch mit Bürgerrechtsvereinigungen und Fachleuten beraten. Zwar sähe auch er die „innenpolitische Problemlage“ bei Gruppen, wie Kaplans „Kalifatsstaat“. „Aber wir wollen auf jeden Fall verhindern, dass es zu einer pauschalen Stigmatisierung des Islam kommt.“

Als „aus vielen Gründen inakzeptabel“ bezeichnete die PDS-Innenpolitikerin Ulla Jelpke die Pläne Schilys. Die angestrebte Novelle habe eine „unübersehbare anti-islamische Stoßrichtung“ und verletzte die im Grundgesetz geschützte Trennung von Kirche und Staat. „Die Auseinandersetzung mit religiösem Fanatismus und Extremismus ist eine Aufgabe der Zivilgesellschaft und nicht von Polizei und Geheimdiensten“, erklärte Jelpke.

PASCAL BEUCKER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen