: Allzeit flugbereit
Die Richtlinien über die Flugbereitschaft sind großzügig. Es gibt fast immer einen guten Grund, mit der Bundesluftwaffe zu fliegen
FREIBURG taz ■ Es gerät immer wieder in Vergessenheit, aber in erster Linie dient die Flugbereitschaft der Bundeswehr tatsächlich „der Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr“. Zur Beförderung von Personen aus dem „politischen und parlamentarischen Bereich“ können Airbusse, Jets und Hubschrauber der Bundeswehr nur benutzt werden, „sofern militärische Belange nicht beeinträchtigt werden“. So steht es in der vom Bundeskabinett beschlossenen Richtlinie über die Flugbereitschaft. Die Richtlinie vom 1. April 1998 liegt der taz vor, wird vom Verteidigungsministerium inzwischen aber als „vertraulich“ eingestuft.
Offiziell können Minister und andere hochrangige Politiker die Bundeswehrmaschinen nur „in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit“ nutzen. Erfasst sind damit aber nicht nur Hin- und Rückflüge zu dienstlichen Geschäften, „wenn der Zweck der Reise bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder von Kraftfahrzeugen nicht erreicht werden kann“. Möglich sind auch Flüge an den Heimat- oder Urlaubsort, wenn „zwingende Amtsgeschäfte ohne Benutzung des Luftfahrzeuges der Flugbereitschaft nicht erledigt werden können“. Wer also länger in Berlin bleibt, um noch dringende Geschäfte zu erledigen, darf mit dem Jet ins Wochenende düsen. Angesichts voll gepackter Politiker-Terminkalender gibt es fast immer einen guten Grund, mit der Luftwaffe zu fliegen.
Nach den Querelen um die zahlreichen Flüge der Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) wurde 1998 nur eine eher symbolische Ergänzung in die bis dahin gültigen Richtlinien eingefügt. Jetzt muss berücksichtigt werden, dass die „verursachten Kosten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und Dringlichkeit des Amtsgeschäfts“ stehen müssen. Die Idee dahinter: Für einen dienstlichen Vortrag bei der örtlichen Sparkasse sollte lieber kein Militärflieger benutzt werden.
Die Bundeswehr prüft die Einhaltung dieser Grundsätze allerdings nicht. In der Richtlinie heißt es eindeutig: „Der Anforderungsberechtigte trägt die Verantwortung für das Vorliegen der Voraussetzungen.“
Die jetzt von Scharping und seinem Sprecher angeführte Sicherheitslage als Begründung zur Benutzung der Flugbereitschaft ist in der Richtlinie nicht als eigenständiger Grund für die Benutzung von Bundeswehrmaschinen aufgeführt. CHRISTIAN RATH
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