: Friedenselement rettet Küchenhilfe
■ Vaterland, Gesamtschule, Innere Sicherheit: Edmund Stoiber wahlkämpft in Hamburg
Ein Flyer wirbt für den Bayernkurier („politisch, kritisch, bayerisch“), die Band auf der Bühne spielt den „Anton aus Tirol“: Es soll möglichst alpenländisch zugehen. Aber dies ist Hamburg, der Himmel ist grau statt weiß-blau, und Edmund Stoiber hat sich in der Vergangenheit eher als einer hervorgetan, der Hamburg beim Länderfinanzausgleich das Wasser abgrub.
Gestern abend wollte der bayrische Ministerpräsident als Redner im Hamburger CDU-Wahlkampf davon nichts mehr wissen und schwärmte davon, dass „Hamburg wieder politisch und wirtschaftlich stark werden muss“. Und das geht aus Stoibers Sicht natürlich nur mit Ole von Beust. Der hatte Stoiber schon angedroht, „er müsse künftig wieder mit Hamburg rechnen“. Denn dann sei „Schluss mit der Gewalt“, und der Verkehr fließe auch wieder. Von Beust sagt: „Hier muss mal richtig durchgelüftet werden“, und wenn Stoiber neben ihm steht, klingt das selbst bei ihm richtig drohend.
Für den bayrischen Ministerpräsidenten war es 800 Kilometer Luftlinie von München ein rechtes Heimspiel. Proteste? Gegenaktionen? Einer pfeift, als Stoiber gleich zu Beginn „Grüße aus dem Süden unseres Vaterlandes“ übermittelt. „Ich habe was dagegen, dass einer pfeift, wenn sich jemand zum Deutschsein bekennt“, schafft er sofortige Bierzeltstimmung, und hält sich damit jeglichen Widerstand vom Halse.
Stoiber übt hinfort schon mal den Staatsmann-Gestus – man weiß ja nie, was noch kommt – und nimmt sich vor allem „der Zu-kunftschancen kommender Generationen“ an. Und für die sieht es im rot-grün regierten „Norden unseres schönen Vaterlandes“ trist aus, wenn ein Bayer von außen drauf schaut. Mindestens so lange, wie die SPD „traurigerweise nach wie vor auf die Gesamtschule setzt“.
Und erst einmal die Innere Sicherheit, „für mich auch stets eine Frage der sozialen Gerechtigkeit“: Denn die „Küchenhilfe, die sich kein Taxi erlauben kann, die muss nachts mit der U-Bahn fahren“, und um die kümmert sich der Stoiber Edmund ganz persönlich. In München nämlich, da sei die Polizei, „unser wichtiges Friedenselement in der Gesellschaft“, optimal ausgestattet und habe Rückendeckung.
Und das blühe demnächst auch den Hanseaten. „Ein Schill wird es in der Regierung schwer haben, weil er von der Politik der CDU überflüssig gemacht werden wird.“ Mächtiger Beifall. Einmal irrt sich der Stoiber jedoch schwer: „Dass sich hier in Hamburg eine Schill-Partei neu bilden und so stark werden kann, das ist doch nicht zuvörderst ein Problem der CDU.“ Da hätte er mal lieber vorher einen Blick auf die letzten Umfrage-Ergebnisse geworfen. Peter Ahrens
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