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Polnisch um drei Uhr

■ SPD will an den Schulen mehr für die Chancengleichheit tun. Dieter Mützelburg (Grüne) verweist auf die gleichzeitig fehlenden Lehrer

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Ulrike Hövelmann, macht sich stark für ein Modellprojekt, bei dem mindestens fünf Schulen für die Sekundarstufe I eine Ganztagsbetreuung erhalten sollen. Für dieses Projekt kalkuliert die SPD zwei Millionen Mark. Das heißt, jede der geplanten fünf Schulen könnte mit jeweils 400.000 Mark Umbauten vornehmen und beim Schulverein Lehr- und Betreuungskräfte anstellen.

Am gestrigen Donnerstag stellte Gerd Menkens, Schulleiter des Schulzentrums Koblenzer Straße in Osterholz–Tenever, das bisherige Nachmittagsangebot seiner Schule vor. Es umfasst neben Sprachkursen in Kurdisch oder Polnisch auch Sportangebote und Informatik. Die Teilnahme an diesen AGs ist freiwillig. In wenigen Wochen soll darüber hinaus eine verbindliche Betreuung von Fünftklässlern starten. Diese erhalten dann ein Mittagessen aus der Küche des benachbarten Jugendfreizeitheims, weil das Schulzentrum noch keine Mensa hat. Nach der Mittagspause könnte Hausaufgabenbetreuung, Ballspiel oder eine andere Aktivität angeboten werden.

Menkens setzt sich sehr dafür ein, dass das Schulzentrum mit seinen 750 SchülerInnen eine der fünf Modellschulen wird. Gerade die Hausaufgabenbetreuung sei ein wichtiger Grund. „Unsere Schüler sind nicht gerade überbetreut“, so Menkens. Wie sehr das Ganztagsangebot inklusive Mensa in Osterholz–Tenever gewollt wird, zeigt auch die Tatsache, dass die Schule bereits 50.000 Mark von den benötigten 250.000 für den Mensa-Bau zusammen hat: 30.000 kommen aus dem Projekttopf „Wohnen in Nachbarschaft“ (sogenannte WiN-Mittel) und 20.000 Mark hat die Schule in den letzten zwei Jahren aus eigenen Mitteln dafür gespart.

Die SchülerInnenschaft setzt sich zusammen aus etwa einem Drittel Kinder ausländischer Herkunft, einem Drittel Aussiedler-kinder und einem Drittel deutscher Kinder. Eine Schule mit Ganztagsangebot in Osterholz–Tenever einzurichten, scheint angebracht, weil Jugendliche hier, trotz vieler Bemühungen Freizeitangebote zu schaffen, als gefährdet angesehen werden können, „auf die schiefe Bahn“ zu geraten.

Die Bildungspolitikerin Hövelmann argumentiert für ihr Vorhaben: Nachdem der Bildungssenator die verlässliche Grundschule eingeführt habe, sei nun der nächste Schritt, die Ganztagsbetreuung für die Sekundarstufe I, zu forcieren. Es sei derzeit die Frage, ob alle Schulen, die Interesse bekundeten, auch beim Ganztagsprojekt mitmachen könnten. Hövelmann hält es für möglich, dass zehn oder mehr Schulen teilnehmen wollen.

Weitere Argumente der SPD für die Ganztagsschule sind: Die Chancengleichheit möglichst vieler SchülerInnen zu erreichen, was über ein ausgebautes Betreuungsangebot mit Hausaufgabenhilfe und intensiverer Förderung schwächerer Kinder möglich werden soll. Mehr Frauen soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht werden, indem ihre Kinder bis 16 Uhr beaufsichtigt und mit einem Mittagessen versorgt werden. Schließlich soll ein verbessertes Ganztagsschulen-Angebot die Attraktivität Bremens erhöhen, worin Hövelmann einen Standortvorteil sieht.

Sie wird aber nicht nur bei ihrem Koalitionspartner noch Überzeugungsarbeit leisten müssen, um in der Haushaltsdebatte das gewünschte Geld für ihr Projekt zu bekommen. Auch auf Seiten der Grünen ist man skeptisch. Der Bildungsexperte Dieter Mützelburg: „Der Ganztagsansatz ist grundsätzlich vernünftig. Aber mit zwei Millionen fünf Schulen umzugestalten, ist keine politische Großtat.“ Und weiter: Es sei wichtiger, Kinder schon in der Grundschule so zu fördern, dass sie in der Sekundarstufe I gar nicht erst Probleme bekämen. Das könne man aber nicht erreichen, indem man LehrerInnenstellen streiche, so wie in diesem Jahr weitere 60. Außerdem helfe es der Masse von SchülerInnen nicht, wenn an wenigen Brennpunkten eine bessere Betreuung gewährleistet würde. Abschließend sagte er, dass rund 25 Millionen Euro für Bildung ausgegeben werden müssten. Wenn die SPD dazu bereit sei, hätte er kein Problem damit, auch zwei Millionen für Ganztagsschulen bereitzustellen.

Ulrike Bendrat

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