: Brüchige Gewissheiten
■ Terroranschlag: Solidarität und Schweigen an Fachhochschule
Es sind mehr gekommen, als in der Aula der Fachhochschule Hamburg Platz finden. Hochschulpräsident Hans-Gerhard Husung wollte mit seinen Studierenden der furchtbaren Ereignisse in den USA gedenken und mit ihnen ins Gespräch kommen. Auch darüber, dass einer von ihnen als Attentäter gilt. Auf dem Podium saßen neben Husung auch Wissenschaftssenatorin Kris-ta Sager und AStA-Sprecher Stefan Fichtel.
Doch die StudentInnen sind sprachlos. Sie reden nicht, aber klatschen. Immer wenn die Redner die multi-ethnische Gesellschaft und internationale Hochschulen beschwören. Husung erzählt, wie er am 12. September einen Kondolenzbrief an die amerikanische Konsulin geschickt hat, „sicher, im Namen aller unserer Studierenden zu schreiben“. Doch diese Gewiss-heit ist nun brüchig geworden. Und auch wenn nun schon vier Spuren an Hamburger Hochschulen führen, wehrt Husung sich gegen den „simplifizierenden Arbeitstitel Hamburg-Connection“.
Hamburg könne überall dort sein, wo Weltoffenheit, Pluralismus und gegenseitiges Vertrauen in Menschenrechte zu den Rahmenbedingungen des Miteinanders in Wissenschaft, Lehre und Studium gehörten. Die Hochschule werde selbstverständlich die Ermittlungsbehörden unterstützen, sich allerdings davor hüten, Befragte automatisch als Tatverdächtige zu betrachten. „Wir wollen keinen Kampf der Kulturen, weder mental noch physisch.“ Applaus.
Auch Krista Sager erntet Zustimmung für ihre Forderung, sich von Terroristen nicht kaputtmachen zu lassen, worauf wir stolz seien: eine offene und multi-ethnische Gesellschaft. Aber sie wünschte sich auch Nachsicht in der Frage, ob man nicht etwas hätte bemerken müssen von den wahren Ideen der Attentäter: „Es gab Ehefrauen, Verlobte, Verwandte, die nichts gewusst haben. Wir dürfen in dieser Frage nicht zu hart miteinander sein, denn wir brauchen Vertrauen und Kraft, den Weg der Internationalisierung unserer Hochschulen weiter zu gehen.“
AStA-Sprecher Stefan Fichtel findet es im Übrigen beschämend, dass einige profilierungssüchtige Politiker die emotionale Lage nun ausnutzten und kurzfristige Antworten präsentieren. Auch dafür gab es Applaus. Sandra Wilsdorf
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