■ Rosi Rolands Bremer Klatschgeschichten: Bei Anruf – Interview
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff ist manchmal arm dran. Er rackert wie ein Berserker und die Zeitungen nehmen einfach keine Notiz davon. Zum Beispiel seine große Haushaltsrede am Dienstag dieser Woche. In der taz vom Mittwoch war wenigstens ein launiges Wort davon zitiert, im Weser Kurier – kein Wort.
Wer Eckhoff kennt, weiß: Er ist ein Mann des offenen Wortes. Wenn er in der Zeitung nicht vorkommt, greift er zum Hörer und ruft an: den Chefredakteur. Und der greift sofort durch, verdonnert den zuständigen Redakteur, ein Interview zu machen. Der wehrt sich kurz und fügt sich dann. Am Donnerstag konnten dann die Weser Kurier-Leser aus einem Interview erfahren, was Jens Eckhoff denkt: „Bremer müssen Opfer bringen. CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff will zehn Jahre weiter sanieren“, sagt er. So wichtige Aussagen wie diese kommen da vor: „Die CDU hat in der Wirtschaftspolitik Schwerpunkte gesetzt, um Arbeitsplätze zu schaffen als Basis für die Sanierung.“ Und: „Wir müssen Bremen für Einwohner interessanter machen.“ Gut, dass wir das jetzt wissen.
Dass die Zeitung erst auf den Anruf von Eckhoff hin mit dem Interview einen Tag später zu einer korrekten Berichterstattung zurückfindet, zeigt, wie durcheinander da alles geht. In einem Bericht über die Haushaltsdebatte gehören doch die ersten Zeilen dem Finanzsenator und die folgenden den Fraktionssprechern je nach Gewicht! Nichts dergleichen in dem Haushaltsdebatten-Bericht . Das Unterste zu oberst! Über zwei Absätze wird erst berichtet, was die grüne Karoline Linnert zu sagen hatte. Wahrscheinlich hat der Autor das interessant und „neu“ gefunden, aber das kann doch kein Kriterium für einen guten Artikel sein, mag Eckhoff gedacht haben. Der Finanzsenator wird da erst am Ende des Textes zitiert, so als wollte der Autor signalisieren: Dessen Sätze kennen wir schon aus den sieben letzten wortgleichen Reden.
Und dann noch das: Lange Zitate aus der Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden, kein Wort über den CDU-Mann. So geht das nicht. Der Redakteur hat wahrscheinlich gedacht, das gehöre zur Pressefreiheit, dass er selbst nachdenken und gewichten kann. So einfach geht das aber nicht. Der Proporz im Parlament muss sich in der Zeitung abbilden. Jens Eckhoff hat mit seinem Anruf beim Weser Kurier und dem dann erfolgten Interview den guten Ruf des Weser Kurier wiederhergestellt, findet Eure Rosi Roland
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