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„Aggressive Werbung“

■ Coca-Cola PR Aktion wollte Kippenberg Schüler verführen und empörte damit vor allem ihrer Eltern

Das Gespenst des Kapitalismus nun hat es auch das Bremer Kippenberg Gymnasium erreicht: Ein roter Pickup mit überdimensionaler Coca-Cola Flasche auf dem Dach hatte während der Großen Pause nur wenige Meter vor dem Eingang des Schulhofes gehalten.

Angelockt von der Gratisprobe des eisgekühlten Getränks stürzten die Schüler in Scharen hin und machten sich dabei unbewusst eines Vergehens schuldig: Der Bürgersteig der Schwachhauser Heerstraße liegt nämlich außerhalb des Schulgeländes. Das dürfen die Kinder während der Pause aber nicht verlassen, wie sich eine Mutter aus dem Elternbeirat ereifert. Überdies seien die Kinder auch noch verspätet in den Unterricht gekommen!

US-amerikanische Konzerne verhindern mit „Wild-West“ Manier – so ein Vater, dessen Tochter zu den Verführten gehört – die Bildung unserer Kinder! Handel und Profit vor Goethe und Schiller, das ist eben „typisch amerikanisch“.

Doch es kam sogar noch schlimmer: Auf dem Asphalt des Schulhofes gingen anschließend zahlreiche der bauchigen Glasflaschen zuBruch, ein Schüler verletzte sich an den Scherben. Da fragt man sich, warum ausgerechnet Coca-Cola, Symbol für die amerikanische Wegwerfgesellschaft, keine Plastikflaschen verwendet!

Auch, dass große Konzerne den Einzelhandel kaputtmachen, hat die Aktion mal wieder bestätigt: Im Kiosk des Kippenberg Gymnasiums gibt es keine Coca-Cola, so hatte es die Schulkonferenz einmal beschlossen. Für die tägliche Ration an Vitaminen sorgen normalerweise Milch und Orangensaft. Nun hat Coca-Cola dem von Müttern betriebenen Laden nicht nur den Tagesertrag vermasselt, sondern auch noch die Gesundheit der Kinder in Gefahr gebracht.

Zwar hatte man bei Coca-Cola noch versucht, die Lage dahingehend zu retten, dass der von den Kiosk-Müttern erfolgreich vertriebene Pickup kurze Zeit später zur Müllbeseitigung zurückkehrte. Da aber hatten die umweltbewussten Schüler schon selbst für die Sauberkeit ihres Schulhofs gesorgt.

Es sei keine gezielte Aktion gewesen, erklärt ein Coca-Cola Sprecher. Die Promoter – junge Studenten, die früher einmal selbst Schüler am Kippenberg Gymnasium gewesen sind – hätten die Anweisung, nicht auf Schulgelände zu gehen. Sich in der Nähe aufzubauen, sei ein individueller Fehler gewesen. Und das mit den Glasflaschen? Das ist eine Frage des Geschmacks, erklärt ein Coca-Cola Sprecher. Nur in Glasflaschen könne der richtige Kühlungsgrad erreicht werden, denn in der Plastikverpackung erwärmt sich die süße Brause zu schnell.

Coca-Cola und die zuständige PR Agentur haben sich mittlerweile bei der Schule für den Vorfall entschuldigt und die Konsequenz daraus gezogen: Alle weiteren für Bremen geplanten Werbeaktionen wurden abgesagt und ins Umland verlagert.

Nina Gessner

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