: Anschlag trotz Waffenruhe
Der „Islamische Dschihad“ bekennt sich zu Autobombe in Jerusalem. Seit Freitag wurden bei Unruhen zum Intifada-Jahrestag 14 Palästinenser getötet
JERUSALEM taz ■ Bei der Explosion einer Autobombe ist in Jerusalem am Montagmorgen ein Mensch leicht verletzt worden. Mehrere parkende Autos gingen in Flammen auf. Das Auto war auf dem privaten Parkplatz eines Wohnhauses im Vorort Talpiot abgestellt und ferngezündet worden. Der 12-Kilo-Sprengsatz, der mit einem Gasballon, Gewehrkugeln und Nägeln versetzt war, explodierte, nachdem die meisten Bewohner zur Arbeit gegangen waren. Die Polizei vermutete, dass der Attentäter ins Stadtzentrum zu gelangen beabsichtigte, jedoch durch die strikten Sicherheitsmaßnahmen vor Beginn des jüdischen Laubhüttenfestes daran gehindert wurde.
Zu dem ersten Bombenanschlag innerhalb Israels seit Ausrufung der Waffenruhe durch Palästinenserführer Arafat vor zwei Wochen bekannte sich der Islamische Dschihad. Der Bombenanschlag stellt die Fortsetzung der ohnehin morschen Waffenruhe erneut in Zweifel. Bei einem Ausbruch von Gewalt zum ersten Jahrestag der Intifada waren seit Freitag früh 14 Palästinenser getötet und mehr als 200 verletzt worden. Unter den Getöteten waren auch ein Zehn-, ein Vierzehn-und ein Sechzehnjähriger. Auch zehn Israelis wurden verletzt. Die Palästinenser werfen Israel vor, durch unverhältnismäßige Gewaltanwendung die Waffenruhe absichtlich zu brechen.
Am Sonntag hatte Israel den Palästinensern ein 48-stündiges Ultimatum gestellt. Sollten die militanten Palästinenser ihre Attacken auf Zivilisten und Armee nicht bis Dienstagabend einstellen, werde diese ihrerseits die Liquidierungen mutmaßlicher Extremisten wieder aufnehmen.
Das Führungskomitee der Intifada, in dem fast alle palästinensischen Fraktionen vertreten sind, rief am Sonntag zu einer Fortsetzung der Intifada auf. Die Führer von acht radikalen palästinensischen Organisationen verkündeten in Damaskus, die Bemühungen Israels und der USA um Beendung der Intifada würden keinen Erfolg haben.
„Hamas, Dschihad und Hisbollah sind die Bin Ladens des Nahen Ostens, die man kompromisslos bekämpfen muss“, erklärte Außenminister Schimon Peres in Reaktion auf den Anschlag. Zuvor hatte Peres scharfe Kritik an allzu schießwütigen Soldaten geübt. Seit seinem Treffen mit Arafat letzten Mittwoch war eine hohe Zahl von palästinensischen Zivilisten getötet worden, obwohl die Soldaten zu maximaler Zurückhaltung angehalten waren.
Israelische Medien berichteten gestern, der Inlandsgeheimdienst Schabak habe eine Zelle mit 20 Aktivisten der radikalislamischen Hamas ausgehoben. Die Verhafteten, die fast alle beim Studium in arabischen Staaten rekrutiert worden seien, hätten ihr Training im Gebrauch von Waffen und Sprengsätzen in Syrien, Libanon und Iran erhalten. Sie hätten auch israelische Araber rekrutieren sollen, hieß es. Die im Westjordanland aktive Zelle soll an der Planung von zwei Selbstmordanschlägen in der Küstenstadt Netanja im April und Mai beteiligt gewesen sein. Dabei waren acht Israelis getötet und dutzende verletzt worden.
ANNE PONGER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen