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Datenschutz kein Terroristenschutz

■ Hamburgs Datenschützer und auch Verfassungsschützer sind skeptisch. Rasterfahndung in Schleswig-Holstein wird befristet

Der hamburgische Datenschutzbeauftragte Hans-Hermann Schrader hat angesichts der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Terrorismusbekämpfung und Datenschutz gefordert, neue Eingriffsbefugnisse zu befristen. Zur Rasterfahndung erklärte Schrader, sie sei heute zur Gefahrenabwehr bereits in den meisten Bundesländern – auch in Hamburg – zulässig. „Der öffentlich erhobene Vorwurf gerade zu diesem Thema, Datenschutz ist Terroristenschutz, ist daher objektiv falsch“, so Schrader.

Nach Abschluss der Rasterfahndung seien die angefallenen Daten zu löschen, so weit sie nicht für ein Verfahren benötigt würden. Schrader betonte, er werde die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben prüfen. Einschlägige Vorschriften seien bisher offenbar „nicht immer hinreichend beachtet“ worden.

Die enormen Probleme bei der Bekämpfung radikaler Islamisten sieht der Vizechef des Hamburger Verfassungsschutzes, Manfred Murck, nicht gelöst. In der Zeit erklärte er, der Verfassungsschutz werde „diese Szene niemals ausleuchten können. Auf diese Illusion muss man hinweisen“. So sei es nahezu unmöglich, V-Männer in islamistische Kreise einzuschleusen. Diese Männer müssten streng gläubig sein, um in der jeweiligen Gemeinschaft Anerkennung zu finden und für den Verfassungsschutz von Nutzen zu sein. Murck: „Wenn er aber ein überzeugter Muslim ist, steht er unter moralischem Druck und fragt sich: Darf ich Verrat an Glaubensbrüdern begehen, letztlich Verrat an Allah?“

Die Rasterfahndung nach Terroristen soll es in Schleswig-Holstein nur mit zahlreichen Auflagen und auf vier Jahre befristet geben. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den Innenminister Klaus Buß (SPD) und Justizministerin Anne Lütkes (Grüne) vorstellten. Die Regelung ist mit so vielen Vorbehalten verknüpft wie kein anderes Rasterfahndungs-Gesetz in Deutschland. Der Entwurf soll in zwei Wochen im Landtag verabschiedet werden.

Ein Kernpunkt ist die Befristung der Rasterfahndung auf gut vier Jahre. Ende 2005 soll das Gesetz automatisch außer Kraft treten. Bis dahin soll die tatsächliche Wirksamkeit des automatisierten Datenabgleichs geprüft werden. Eine solche Formulierung ist einmalig in Deutschland. Zudem ist eine Ras-terfahndung nur auf richterliche Anordnung erlaubt, auch muss der Datenschutzbeauftragte sofort und umfassend informiert werden. Weiter soll der Innenminister jährlich dem Landtag eine Bilanz über vorgenommene Rasterfahndungen vorlegen. dpa/taz

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