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Kein Schiff wird kommen

Manche Männer mögen’s kitschig: Barbara Frey hat an der Schaubühne Sonor McPhersons Stück „Port Authority“ über das geballte Verlierertum in Sachen Liebe als ein angenehm sanftes Abgleiten in maskuline Tristesse inszeniert

Dass in Wirklichkeit Männer das schwache Geschlecht sind, haben wir ja schon lange gewusst. Doch so schön wie Barbara Frey in der Schaubühne hat das lange keiner vorgeführt. Aus der Tiefe ragen auf Stahlträgern drei teppichbodenumhüllte Wohninseln. Auf jeder sitzt, wie Robinson Crusoe, ein Mann: links der junge Kevin (Ronald Kukulies), in der Mitte der alte Joe (Erhard Marggraf) und rechts schließlich Dermot (Jörg Hartmann), mittelalt und von allen wohl am schlimmsten dran. Stück für Stück erzählen sie ihre Geschichten, die von verpassten Chancen und ungelebter Sehnsucht handeln. Hört man genau zu, entdeckt man zwischen den Männern biografische oder verwandtschaftliche Beziehungen. Kevin ist Joes Enkel. Die Mutter von Dermots Chef wurde einmal von Joe vergeblich geliebt und hat ihm nach ihrem Tod nun ein Jugendfoto zukommen lassen. Doch wie sie jetzt da sitzen und reden, scheint keiner vom anderen zu wissen. Hinter regennassen Scheiben ist als Filmprojektion im Hintergrund das Meer zu sehen. Von Zeit zu Zeit fährt ein Schiff vorüber – keines kommt näher, um einen der Männer von seiner Insel wegzuholen.

Drei Monologe über das Scheitern. Kevin ist von zu Hause in eine chaotische WG gezogen. Nach vier Wochen ist er wieder zurück, und zwar mit der Gewissheit, dass er im Leben nie zu den Siegern gehören wird. Er hat die Frau nicht bekommen, die er wollte, und das Leben , das er wollte, schon gar nicht. Nicht, dass er keine Chance hatte. Doch er hat die Chance nicht ergriffen. Wahrscheinlich wird sich Kevins Leben kaum vom Leben Joes unterscheiden. Joe, der nach dem Tod seiner Frau jetzt in einem Altersheim lebt. Er hatte ein gutes Leben, Frau und Kinder, verdiente genug Geld, kaufte ein schönes Haus. Und doch hat ihm das Wichtigste gefehlt: Als Joe sich in seine Nachbarin verliebte, ahnte er, es gibt noch etwas anderes. Dann wagte er nicht, zuzugreifen. Und da ist noch Dermot, der auf Grund einer Verwechslung einen Job bekam, der ihm einen steilen Aufstieg ermöglichen könnte – samt allem, was man als Verlierer so mit dem Siegen assoziiert: Frauen, Luxus, Geschäftsreisen nach Amerika. Aber natürlich hat er Angst, betrinkt sich, belästigt die Frau seines Chefs und wirft aus Angst der Welt einen Hass entgegen, unter dem er selbst begraben wird.

Es sind sehr romantische Porträts, die der irische Dramatiker Sonor McPherson ([*]1971) von seinen drei traurigen Helden gezeichnet hat, und man gleitet auf ihren Erzählungen sanft durch den Abend, wie die Schiffe auf dem projizierten Meer dahinter. Manchmal weht von dort ein Hauch von Kitsch und Boulevard. Dass es jedoch keinen Augenblick peinlich wird, liegt an der unbedingten Solidarität von Regisseurin Barbara Freys mit ihren Figuren. Keine Spur von Verrat, kein Augenblick der Häme über so viel geballtes Verlierertum. ESTHER SLEVOGT

„Port Authority“. Regie: Barbara Frey. Schaubühne am Lehniner Platz. Nächste Termine: 6. 10., 21 Uhr, 7. 10., 18 Uhr

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