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Der König soll‘s richten

Nur zögernd ist Pakistan von den Taliban abgerückt. Es setzt auf Afghanistans Exkönig Sahir Schah

aus Islamabad BERNARD IMHASLY

Auch Pakistan bemüht sich inzwischen um eine politische Lösung für ein Post-Taliban-Afghanistan. Am Mittwoch soll Präsident Pervez Musharraf gegenüber der italienischen Vizeaußenministerin Margherita Boniver sein Interesse bekundet haben, eine Delegation des Exkönigs Sahir Schah zu empfangen. Dieser lebt im römischen Exil und Italien nutzt den Umstand, um sich als „Facilitator“ anzubieten, wie Boniver zum Ende ihres Besuchs vor Journalisten sagte.

Es ist das erste Mal, dass Islamabad aktives Interesse an einer Verbindung zu Shah signalisiert. Die ungewöhnliche Form der Kontaktnahme zeigt, welche Mühe Pakistan hat, sich in die Suche nach einer Lösung einzufädeln. Und es ist ein Zeichen dafür, dass die Taliban, auf die Islamabad lange gesetzt hatte, zu einer Belastung geworden sind. Laut Boniver hat Musharraf anerkannt, dass diese künftig keine Rolle mehr spielen. Dazu mag beigetragen haben, dass die von den USA vorgelegten Beweise gegen Ussama Bin Laden Pakistan „für eine Anklage genügt“ haben, so das Außenministerium.

Der politische Prozess erhielt am Montag einen ersten Anstoß, als der König und die Nordallianz eine Einigung über die Einberufung einer „Loya Jirga“ erzielten, einer repräsentativen Versammlung afghanischer Persönlichkeiten.

Aber auch in die afghanische Exilszene in Pakistan ist Bewegung gekommen. In Quetta versucht Hamid Karazai, ein alter Verbündeter Sahir Schahs, die paschtunischen Anti-Taliban-Gruppen in den Prozess einzubeziehen, der in einer Loya Jirga gipfeln soll. Und in der zweiten Grenzstadt Peschawar melden sich Vertreter der alten Mudschaheddin-Gruppen, die seit zehn Jahren nicht mehr aktiv waren. Eine „nationale Solidaritätsbewegung“, bestehend aus 44 Gruppen, darunter auch solchen der Nordallianz, hat zu Wochenbeginn erklärt, dass der Exkönig als Einziger fähig sei, eine Übergangsregelung in die Wege zu leiten. Eine wichtige Rolle wird auch dem früheren Kommandanten Abdul Haq zugetraut, der nach dem Fall des letzten, prokommunistischen Regimes nicht der Mudschaheddin-Regierung beigetreten war und dessen Ruf nicht beschädigt ist. Die politischen Manöver werden in den nächsten Wochen zweifellos zunehmen – selbst wenn eine Militäraktion in Afghanistan weiter auf sich warten lässt. Es wird vor allem darum gehen, die Zusammensetzung der rund 120 Personen zu beeinflussen, die für die Organisation der Loya Jirga verantwortlich sind.

Ein weiteres Zeichen ist die zunehmende Unruhe im Inneren Afghanistans. Dort haben lokale Schuras erstmals die Taliban kritisiert. Hinzu kommen Berichte über eine wachsende Zahl von Überläufern an der Nordfront. Auch sind Gerüchte im Umlauf, Pakistan könnte versuchen, sich der radikalen Taliban um Mullah Omar zu entledigen und diese durch Gemäßigte zu ersetzen, um das Regime zu retten.

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