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: Wenn Bewegungsabläufe sich verlangsamen

Morbus Parkinson

Der Papst leidet daran, wie man erst vor kurzem wieder sehen konnte bei seinen Auftritten in Kasachstan und Armenien, wo er mit zitternden Händen und starrem Gesicht seine Botschaften ablas; der 40-jährige US-Schauspieler Michael J. Fox – und zwar seit über zehn Jahren, Muhammed Ali, der Tenor Peter Hofmann und mindestens 160.000 weniger prominente Menschen in Deutschland: Morbus Parkinson. 1817 von dem englischen Landarzt James Parkinson erstmals beschrieben als „shaking palsy“, als Schüttellähmung, ist der Parkinson eine Erkrankung, von der man seit geraumer Zeit glaubt, ihr mit der Transplantation von embryonalen und adulten Stammzellen beikommen zu können.

Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, leiden unter einem schweren Dopaminmangel im Gehirn. Bei ihnen kommt es zu einem Untergang von Zellen, vor allem in der so genannten grauen Substanz, der Substantia nigra. Die Ursache für dieses Zellsterben ist nicht bekannt. Die Substantia nigra ist Teil des extrapyramidalen Systems und eine der zentralen Stellen im Gehirn, die für die Kontrolle und Modifizierung von Bewegungsimpulsen zuständig ist, für unwillkürliche Mitbewegungen und den raschen Bewegungsbeginn.

Morbus Parkinson ist ein Leiden, das sich meist zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr manifestiert, aber, wie im Fall von Michael J. Fox, auch vorher schon auftreten kann. Männer werden geringfügig häufiger als Frauen befallen. Die Krankheitssymptomatik wird bestimmt von hauptsächlich motorischen, aber auch vegetativen und psychischen Störungen.

Die motorischen Störungen sind Akinese, Rigor und Tremor. Unter Akinese versteht man Bewegungsverarmung und -verlangsamung. Das Gehirn vermag keine Bewegungsimpulse mehr auf die jeweiligen Muskeln zu vermitteln. Ausdruck davon sind zum Beispiel der kleinschrittige Gang, das maskenhafte Gesicht und leises, monotones Sprechen. Rigor wird die Spannungserhöhung der Muskulatur genannt, die zu Muskelsteifheit führt; auf ihm basiert unter anderem die typische, vorn übergebeugte Haltung der Erkrankten. Der Tremor, das Zittern von Händen, Füßen oder auch dem Kopf im Ruhezustand, ist ein häufiges Symptom, aber nicht obligat (und führt öfters zu Fehldiagnosen!).

Zu den psychischen Störungen gehören mitunter reaktive Depressionen und neuropsychologische Defizite wie verminderte Umstellfähigkeit und gestörte Entwicklung von Handlungsplänen. Symptome wie ein Salbengesicht, Verstopfung oder Harnverhalt zählen zu den vegetativen Störungen. Ist die Ursache des idiopathischen und am häufigsten vorkommenden Parkinsonismus ungeklärt, kann er sich auch anderweitig entwickeln: vaskulär (Arteriosklerose), toxisch (nach Vergiftungen mit Kohlenmonoxid, Schwefelkohlenstoff, Blausäure, Mangan oder Quecksilber); durch Hirntumore oder multiple Traumata, wie zum Beispiel bei Boxern, medikamentös bei der langfristigen Behandlung der Schizophrenie mit Neuroleptika.

Da biochemisch das Gleichgewicht zwischen cholinergen und dopaminergen Mechanismen gestört ist, also zwischen hemmenden und erregenden Impulsen, und durch den Dopamin-Mangel das Übergewicht auf den hemmenden, cholinergen liegt, versucht man hier medikamentös anzusetzen.

Am wirkungsvollsten und Mittel der Wahl ist L-Dopa, eine Aminosäure, die im Gehirn zu Dopamin umgewandelt wird. Damit diese Umwandlung nicht auch im Rest des Körpers stattfindet und hier ihre Nebenwirkungen entfaltet, gibt man Stoffe hinzu, die diese Umwandlung hemmen: Dekarboxylase-Hemmer. Nach langjährigen L-Dopa-Gaben gibt es einen allmählichen Wirkungsabfall. L-Dopa verliert seine Wirkung dann schon 2-3 Stunden nach Einnahme. Ein anderes Problem der L-Dopa-Medikation ist das On-Off-Phänomen, der Wechsel zwischen guter und schlechter Befindlichkeit des Patienten. Andere Anti-Parkinson-Mittel, die ebenfalls die chemische Informationsübertragung im Gehirn beeinflussen, sind die Amantadine, Dopaminagonisten und die sogenannten MAO- und COMT-Hemmer. Sie alle werden meist als Ergänzung zu L-Dopa eingesetzt.

Sehr wichtig ist eine regelmäßige und intensive krankengymnastische Behandlung wie beispielsweise gezielte Streck- oder Schwingübungen oder therapeutisches Schwimmen. Zumal eine Heilung durch die medikamentöse Therapie nicht möglich ist und die Langzeitergebnisse nach wie vor unbefriedigend sind. Kein Wunder also, dass große Hoffnungen in die Stammzellentherapie gesteckt werden und die Ärztezeitung trotz aller ethischen Bedenken vor zwei Jahren überschwenglich titelte: „Kein Zweifel: Die Zelltransplantation bei Parkinson hat Zukunft“.

Zu einer anderen Einschätzung wiederum kamen in diesem Jahr Forscher an Universitäten in Denver und New York, die in einer kontrollierten, doppelblinden Studie an 40 Parkinsonpatienten herausfanden, dass insbesondere ältere Parkinsonpatienten nicht unbedingt von transplantierten embryonalen Dopaminneuronen profitierten.

GERRIT BARTELS

(wird fortgesetzt)