: Fraktionschefs als Geheimnisträger
Die Regierung hält die Beweise gegen Bin Laden weiter unter Verschluss. Nur die Fraktionschefs sind informiert
BERLIN taz ■ Was der Bundeskanzler vorgetragen hat, mag keiner der Gäste preisgeben. Doch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden von Regierung wie Opposition, die Gerhard Schröder am Donnerstagabend im Kanzleramt über die Beweise gegen Ussama Bin Laden informierte, sind zufrieden – PDS inklusive.
Ihr Fraktionschef Roland Claus sagte der taz, er fühle sich „korrekt und ordentlich informiert“. Die Indizienkette, die zu den islamistischen Extremisten führe, sei „ernst zu nehmen, aber noch nicht abgeschlossen“. Inbesondere was die Frage der Unterstützerstaaten Bin Ladens angehe gebe es noch „Unklarheiten“.
Für die Öffentlichkeit besteht dagegen weiterhin keine Möglichkeit nachzuvollziehen, auf welcher Grundlage die rot-grüne Bundesregierung am vergangenen Dienstag der Aktivierung des Nato-Bündnisfalls zugestimmt hat. Berlin beruft sich auf die Pflicht zur Verschwiegenheit in der Nato, während der britische Premierminister Tony Blair bereits eine 70-Punkte-Liste mit Belegen für Bin Ladens Urheberschaft ins Internet stellen ließ (www.number-10.gov.uk/news.asp?NewsId=2686).
Von der bürgerlichen Opposition ist Aufklärung nicht zu erwarten. CDU-Chefin Angela Merkel bekundete im Anschluss an die Runde mit Aussenminister Fischer und Verteidigungsminister Scharping, sie fühle sich „ausreichend informiert“. CSU-Landesgruppenchef Michael Glos schob nach, die Bundesregierung habe über den Stand der Ermittlungen informiert so gut wie sie könne. Nach seinem Eindruck sei sie aber nicht über alle US-Pläne unterrichtet. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle kritisierte ebenso wie Merkel den Verteidigungsminister für dessen jüngste Interviewäußerungen (siehe Brennpunkt Seite 3). Westerwelle lobte allerdings die deutschen Geheimdienste, weil ihre Erkenntnisse zur Beweislast gegen Bin Laden beigetragen hätten. Nach Angaben aus Regierungskreisen handelt es sich dabei um Hinweise, auf die Fahnder bei der Durchsuchung von Wohnungen mutmaßlicher Attentäter in Hamburg gestoßen seien.
Eine zuvor von Scharping ins Gespräch gebrachte Entsendung von AWACS-Aufklärungsflugzegen mit deutscher Besatzung war am Donnerstag kein Thema. Zur Begründung hieß es, die USA hätten noch keine entsprechende Anfrage an die Nato gerichtet.
PATRIK SCHWARZ
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