Mein Freund, der Terrorist
: Gegen Amerika, aber wie?

Südafrika: Die meisten Leute sind wütend über den Terror, aber muslimische Gruppen sind im Zwiespalt. Die Anschläge sind falsch, der US-Gegenschlag auch

JOHANNESBURG taz ■ Die Muslime des multikulturellen Südafrika verurteilen den US-Militärschlag auf Afghanistan und auch die Terroranschläge in den USA. „Diese Art von Angriff führt dazu, eine geistige Haltung hervorzurufen, die als letzten Ausweg einen Gegenschlag um jeden Preis gegen die Amerikaner sieht“, heißt es in einer besorgten Stellungnahme des „Islamic Propagation Centre“ aus Durban zu den Angriffen auf Afghanistan. Direktor Fuad Hendricks sagt aber auch: „Wir lehnen den grausamen Überfall auf das World Trade Center ab, und welche Gruppe auch immer diese Tat verübt hat, sie ist nicht durch den Koran zu rechtfertigen.“

Hendricks beschreibt gemischte Gefühle unter den Muslimen in Südafrika, die etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen: „Wir stecken im Augenblick in einer Debatte, ob das Geschehene der richtige Weg ist, gegen Amerika zu kämpfen.“ Globalisierung bedeute, dass das Leben eines Afghanen nicht weniger wert sei als das eines Amerikaners. Diejenigen, die den Angriff auf das World Trade Center verurteilten, würden daher nun ihre Sympathien zugunsten der Afghanen verlagern.

Die Mehrheit der südafrikanischen Bevölkerung zeigte sich nach den Bildern der Anschläge vom 11. September schockiert, und eine wütende, entrüstete Stimmung über den „gemeinen Akt des Terrors“ hält an. Dennoch sind die Ereignisse für die meisten ziemlich weit weg, und mancherorts ist die Meinung zu vernehmen, dass die USA mit dem Anschlag einen hohen Preis für ihre Arroganz gegenüber dem Rest der Welt zahlen mussten. Der „feige Angriff“ der USA und Großbritanniens auf Afghanistan entblöße die wirklichen Terroristen, verurteilt jetzt der „Muslimische Justizrat“ in Kapstadt, die offizielle Vertretung der Muslime, den Militäreinsatz. „Das ist kein Vorgehen gegen Terrorismus, sondern ein gut geplanter, unbegründeter Angriff gegen die Menschheit“, erklärte Justizratspräsident Sheik Ebrahim Gabriels. „Krieg ist keine Antwort“, sagt auch die „Muslimische Jugendbewegung“ in Johannesburg. Der US-Angriff entwürdige die afghanische Bevölkerung, treffe die Attentäter vom 11. September jedoch nicht.

MARTINA SCHWIKOWSKI