Meinungsmacht

■ Privatbank verliert Prozess gegen Focus, das durch Artikel Pleite ausgelöst haben soll

Nach mehr als sechs Jahren Prozessdauer hat das Nachrichtenmagazin „Focus“ einen Prozess um die Pleite der Hamburger Mody Privatbank gewonnen. Der 7. Zivilsenat des Hanseatishen Oberlandesgerichts (OLG) änderte gestern ein Urteil der Vorinstanz und wies die Feststellungsklage der Bank auf Schadenersatz vollständig ab. Bank-Anwalt Michael Nesselhauf kündigte an, er werde seiner Mandantin den Weg zum Bundesgerichtshof (BGH) empfehlen.

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob „Focus“ mit seiner Berichterstattung im Januar 1995 die Zahlungsunfähigkeit der Bank ausgelöst hatte. Das Magazin hatte damals auf seiner Titelseite, im Inhaltsverzeichnis und in einer Fernsehwerbung behauptet, die Mody Privatbank in Hamburg sei in Not und die Kunden zitterten um ihr Geld. Der Artikel im Heft deckte diese Aussagen jedoch nicht ab, sondern beschäftigte sich im wesentlichen mit den Finanzen des Firmengründers Arend G. Mody. Die Bank war zu diesem Zeitpunkt nach verschiedenen Aussagen kompetenter Stellen nicht in Schwierigkeiten, musste aber kurz nach dem „Focus“-Artikel ihre Schalter schließen, weil die Kunden ihre Einlagen auflösten.

In dem Urteil kommt der OLG-Senat nun zu dem Schluss, die „Focus“-Aussagen seien Meinungsäußerungen und Werturteile, die keinen unzulässigen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstellten. Insbesondere handele es sich um keine Schmähkritik sowie nicht um eine ausfallende, gewerbeschädigende und wertende Kritik. In der Vorinstanz war die Schlagzeile „Hamburger Privatbank in Not: Kunden zittern um ihr Geld“ dagegen als tatsachenbehauptung gewertet und der Schadensersatzforderung der Bank stattgegeben worden. lno/taz