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Adelina wurde ermordet

■ Die Zehnjährige aus Bremen-Kattenturm wurde Opfer eines Sexualverbrechens. Pilzsammler fanden ihre Leiche nur drei Kilometer vom Wohnort entfernt in einem Waldstück.

Was sich seit dem vergangenen Sonntag abzeichnete, ist gestern traurige Gewissheit geworden. Die zehnjährige Adelina P., die seit dem 28. Juni vermisst wurde, ist ermordet worden. Eine Mutter hatte die stark verweste Leiche am Sonntag im so genannten „Pastorenwäldchen“ zwischen Leeste und Weyhe beim Pilzesammeln mit ihren beiden Kindern gefunden.

Der Frau war ein blauer Plastik-Müllsack aufgefallen. Näher hatte sie sich den Sack angesehen, weil ein Kinderschuh herausragte. Eben jene Schuhe waren es, die die Polizei von Anfang an vermuten ließen, dass es sich bei der Leiche um das Mädchen aus Bremen-Kattenturm handelte. Sie glichen dem Paar, das Adelina am Tag ihres Verschwindens trug. Letzte Gewissheit gab erst gestern ein DNA-Vergleich der Leiche mit einer Probe aus der Wohnung des Mädchens. Es handelt sich um Adelina, mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu 48 Millionen.

Adelinas Mutter wurde schon am Sonntag über den schrecklichen Fund informiert. Die Familie wird seitdem von speziell geschulten Polizeibeamten betreut. Die Bremer Ermittler, die den Fall von der Verdener Staatsanwaltschaft übernommen haben, gehen von einem Sexualverbrechen mit tödlichem Ausgang aus. Dafür sprechen laut dem Chef der „Sonderkommission Adelina“, Werner Meyer, Spuren an der Leiche. Die genaue Todesursache konnte allerdings medizinisch wegen des fortgeschrittenen Verwesungszustands noch nicht festgestellt werden.

Es wird vermutet, dass Adelina schon kurze Zeit nach ihrem Verschwinden ermordet wurde. Unklar ist dagegen der Tatort. Die Polizei hält es für unwahrscheinlich, dass das Mädchen in dem Waldstück getötet wurde, sondern geht davon aus, dass die Leiche gezielt dort abgelegt wurde. Die Ermittler vermuten weiter, dass der Täter gute Ortskennnisse hatte. Sie suchen nun Zeugen, die am 28. Juni eine Person beim Verladen eines schweren, blauen Müllsacks mit gelbem integrierten Verschlussband oder eines Koffers oder Kartons beobachtet haben, insbesondere im Bereich der Theodor-Billroth-Straße 46/48, wo Adelina vor über 100 Tagen verschwand.

Bei den Suchaktionen der Polizei wurde das kleine Waldstück, das nur drei Kilometer von Adelinas Wohnort in Kattenturm entfernt liegt, nicht durchkämmt. „Irgendwo müssen Sie die Grenze ziehen“, sagt SoKo-Chef Meyer, auch wenn man sich hinterher wünschen würde, anders entschieden zu haben. Aufklärungsflieger der Bundeswehr, die mit Wärmebildkameras das Gebiet rund um Bremen abgesucht hatten, fanden ebenfalls keinerlei Hinweis auf den Fundort. Auch im Nachhinein lässt sich auf den Wärmebildern an der entsprechenden Stelle keine Besonderheit ausmachen. „Bei stark verschatteten Stellen wie im Laubwald ist dies Verfahren problematisch“, sagt SoKo-Chef Meyer, aber es sei auch nicht sicher, dass die Leiche zur Zeit des Überflugs schon am Fundort lag.

Eigentlich sollten die Bremer Kriminalisten heute zu einer Auswertung der Suchaktion ins schleswig-holsteinische Jagel fahren, um mit den Bundeswehr-Verantwortlichen über die kriminalistische Nutzung dieser Technik zu sprechen. Dieser Termin wurde angesichts der neuen Lage erst einmal abgesagt, da die Beamten jetzt unter Hochdruck nach dem Täter suchen. Die Sonderkommission war zwischenzeitlich von 30 auf 14 Beamte ausgedünnt worden – „bedingt durch die globale Lage“, wie Meyer sagt. Nun soll sie wieder auf 20 Köpfe aufgestockt werden. Für einen Zusammenhang der Tat mit der Ermordung des neunjährigen Dennis K. in einem Landschulheim in Wuhlsbüttel sieht der Spezialist für Sexualverbrechen derzeit keine Anhaltspunkte.

Jan Kahlcke

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