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Der Traum vom Generalstreik

■ Der Ex-Grüne Thomas Ebermann analysiert die US-Militärschläge

Von wegen Zwang zur Trauer. „Ich sitz' hier und will diskutieren.“ Das sagt Thomas Ebermann, Hamburger Kodderschnauze, linker Theoretiker, ein Urgestein der westdeutschen linken Szene. In den 70ern gehörte er zum Kommunistischen Bund (KB), später gründete er die Grünen mit, war Ökosozialist und gehörte zusammen mit seinem Politkompagnon und jetzigen Autorenfreund Rainer Trampert zu den frühen linken KritikerInnen der Umweltpartei. Auf Einladung der PDS-nahen Bremer „Rosa-Luxemburg-Initiative“ und der „Unabhängigen Anti-Kriegs-Gruppe“ referierte der 50-Jährige jetzt im Konsul-Hackfeld-Haus zum Motto „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keinen interessiert–s.“

200 überwiegend junge Leute aus dem linken bis autonomen Spektrum hörten ihm zu. Mit auf dem Podium saß der langjährige Friedensaktivist Armin Stolle.

Als „Verschiebung der Hegemonie in einer geostrategisch wichtigen Region“, analysiert Ebermann die US-Militäraktion, „schließlich werden enorme Öl-Vorkommen in Zentralasien vermutet. Diese Verschiebung geht einher mit einem absoluten Neutralitätsverbot und dem Anspruch auf Souveränitätsverzicht.“ Das Beispiel Pakistan zeige, dass es im Moment „staatsgefährdend“ sei, der Anti-Terror-Allianz nicht beizutreten.

Ebermann erklärte, sich dem „bürgerlichen Zwang zu ritualisierter Trauer“ nicht beugen zu wollen: „Meine Befindlichkeit am 11. September geht niemanden etwas an.“

Verschwörungstheoretischen Erklärungen der Anschläge erteilt Ebermann eine klare Absage. Eine Diskutantin argumen-tiert: „Da die Attacken den USA genützt haben, können sie nur von CIA und Mossad geplant worden sein.“ Ebermann reagiert barsch: „Dass die Juden hinter allem stecken, ist ein uraltes antisemitisches Klischee.“

Ebermann „graut“ vor einer Friedensbewegung, die wie in den 80ern und während des Golfkrieges lediglich mit Angst und Betroffenheit argumentierte. Vielmehr müssten die „deutschen Interessen und Ambitionen“ bekämpft werden: „Wir müssen jede entstehende deutsche Opferhaltung entlarven.“

Der Hamburger verwahrt sich aber auch gegen Beifall für die Friedensbewegung von falscher Seite: „Die anti-amerikanischen Terroris-ten sprechen nicht für die Dritte Welt, sind fanatische Antisemiten, entrechten die Frauen total und halten die afghanischen Bauern in feudaler Armut. Sie sind, wenn überhaupt, reaktionäre Anti-Imperia-listen.“ Dennoch seien sie keine Barbaren, sondern „authentische Produkte der Moderne.“

Zugleich nahm der Ex-Grüne die FührerInnen emanzipatorischer Bewegungen in der Dritten Welt in Schutz: „Viele wirkliche Anti-Imperialisten und Sozialrevolutionäre sind durch die USA umgekommen. Ihre Nachfolger verdienen es nicht, jetzt auf den Prüfstand der angemessenen Trauer gestellt zu werden.“

Mitreferent Stolle bedauerte die stattfindende „unkritische Solidarisierung“ mit den USA. „Viele Schweinereien sind vom Pentagon ausgegangen.“ Der Ex-Gesamtschulrektor befürchtete zudem: „Der Anti-Islamismus ersetzt den alten Antikommunismus.“

Was denn nun zu tun sei, will das Publikum von Theoretiker Ebermann wissen. Der nennt fünf mögliche Maßnahmen in einer Skala „vom Realistischen zum Unrealistischen“. So empfiehlt er, Moslems vor jeglicher Repression zu schützen, verlangt viele, „Deutschland nicht verschonende“ Großdemos und wünscht sich umfassende „Wehrkraftzersetzung“. Zur „irrealen Phantasie“ zählt er bereits Sabotageakte gegen militärisches Gerät. Am Ende seiner Skala schließlich steht der Generalstreik, wie ihn Rosa Luxemburg anvisiert habe. Mit Ebermanns Rechtfertigung hat auch gleich die PDS ihr Fett weg: „Diese Idee ist zumindest besser, als blaue Friedensluftballons auf Dresdner Parteitagen steigen zu lassen.“ Thomas Gebel

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