Riskante Mission in Burundi

700 Soldaten aus Südafrika sollen ab 1. November die geplante neue Übergangsregierung schützen. Eine Vorhut ist bereits da und stößt auf Kritik

BRÜSSEL taz ■ Es ist eine surrealistische Affäre. Dreißig südafrikanische Soldaten sind am 18. Oktober in Burundis Hauptstadt Bujumbura gelandet, um die Ankunft einer 700 Mann starken Truppe vorzubereiten, die ab 1. November eine neue Regierung in dem Bürgerkriegsland schützen soll. Die Vorhut wurde jedoch selber unter Schutz der burundischen Polizei gestellt; die Beschützer werden von ihren Schützlingen beschützt. Denn als sie am Flughafen landeten, wurden sie von einer Demonstrationsmenge ausgepfiffen, die gegen die „Invasoren“ Parolen rief.

Am 12. Oktober war die Entsendung der Truppe bei einem Burundi-Gipfel in Südafrika beschlossen worden. Sie ist Teil der Umsetzung eines vor knapp über einem Jahr geschlossenen Friedensabkommens, das den achtjährigen Bürgerkrieg zwischen Tutsi-Armee und Hutu-Rebellen in Burundi mit seinen 250.000 Toten beenden soll. Die erste Etappe des Abkommens soll am 1. November Wirklichkeit werden, wenn eine Übergangsregierung ihr Amt einnimmt. Darin tritt ein prominenter Hutu-Politiker dem amtierenden Tutsi-Staatschef Pierre Buyoya als Vize zur Seite.

Die ehemalige Kolonialmacht Belgien finanziert die ausländische Schutztruppe, die vor allem zurückkehrende Hutu-Exilpolitiker beschützen soll, mit fünf Millionen Dollar. Aber die Tutsi-Minderheit Burundis, die Regierung und Militär dominiert, ist gegen diese Truppe und spricht von „Besatzungsmacht“. Nach Meinung der „Nationalen Widerstandsbewegung“ von Epitace Bayaganakandi, wichtigster Tutsi-Oppositionspolitiker Burundis, ist die Ankunft ausländischer Soldaten „weder nützlich noch notwendig und vor allem nicht zu realisieren, weil es darüber keinen Konsens zwischen den Unterzeichnern des Friedensabkommens gibt“.

Buyoyas Tutsi-Gegner sind davon überzeugt, dass Südafrikas Burundi-Vermittler Nelson Mandela, dessen Idee die Schutztruppe ist, einseitig die Hutu favorisiert. Er erklärte beim Gipfel vom 12. Oktober, dass die Anwesenheit von Hutu-Ministern in der jetzigen Regierung nur eine List der „Kolonisatoren“ sei – ein Argument, das die Tutsi in Burundi mit fremden Besatzern gleichsetzt und damit der Propaganda radikaler Hutu entspricht, die Burundi von Tutsi säubern wollen; die radikalen Hutu-Rebellengruppen haben sich dem Friedensabkommen bisher nicht angeschlossen.

Für Burundis Tutsi ist die Kontrolle über Burundis Armee angesichts dieser Lage und der Erfahrungen im Nachbarland Ruanda eine Art Lebensversicherung, während zahlreiche Hutu-Politiker seit Jahren für eine ausländische Militärintervention plädieren. Die Burunder wissen, dass der letzte Militärputsch in ihrem Land, der 1996 den jetzigen Präsidenten Buyoya an die Macht brachte, ebenfalls von Tutsi als vorbeugende Maßnahme gegen die damals geplante Stationierung einer ostafrikanischen „Friedenstruppe“ im Land durchgeführt wurde. Die Wiederholung dieses Experiments unter südafrikanischer Flagge heute riskiert, einen neuen Putsch herbeizuführen.

Vermutlich wegen der offenen Feindschaft der Tutsi-Politiker haben Nigeria, Ghana und Senegal ihre ursprünglichen Zusagen, Soldaten für die Burundi-Schutztruppe abzustellen, zurückgezogen. Nun steht Südafrika alleine da. Das kümmert Mandela wenig – er zählt auf die Unterstützung der Hutu. „Die bewaffneten Gruppen, die in Burundi aktiv sind, haben uns zugesichert, dass sie diese Friedenstruppe aus Südafrika nicht angreifen werden, wenn sie zurückkehrende Hutu-Führer beschützt“, erklärte der südafrikanische Expräsident. Doch das könnte ein frommer Wunsch bleiben, denn die meist im kongolesischen Exil lebenden Hutu-Rebellenführer haben ihre Kämpfer nicht vollständig unter Kontrolle. FRANÇOIS MISSER