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Im Labyrinth der Geschichte

Schüler des Oberstufenzentrums in Treptow bauen ein „Denkzeichen Zwangsarbeit“. Denn auf dem Schulgelände befand sich in der Nazizeit ein Arbeitslager

Im Oberstufenzentrum Holztechnik ist heute ein besonderer Tag. Am Eingang wartet Michael in Jeans und Schlabberpulli. Er empfängt die Gäste. Er ist einer von zwölf Schülern der Klasse VZ 11, die heute das Ergebnis ihrer dreiwöchigen Projektarbeit mit dem Titel „Denkzeichen Zwangsarbeit“ präsentieren. „VZ“ steht für „Vollzeitlehrgang“. Hier können Haupt- und Sonderschüler in zwei Jahren ihren Abschluss nachholen.

Hinter dem Hauptgebäude der Schule erstreckt sich ein weitläufiges Gelände mit zum Teil recht baufälligen Barracken. Michael, der sich mit drei Klassenkameraden um die Pressearbeit des Projekts kümmert, kennt sich aus: „Unsere Schule ist größer als so manches Dorf hier“, erzählt er ein bisschen stolz und fügt hinzu: „Früher war das alles hier ein Zwangsarbeiterlager.“ Auch die „Alte Werkstatt“, in der die zwei kleineren der drei Projektmodelle der Öffentlichkeit vorgestellt werden, gehörte vermutlich zum Lager.

Das Projekt ist nicht die erste Arbeit der Schüler zum Thema Zwangsarbeit: Schon beim Victor-Klemperer-Wettbewerb für Demokratie und Toleranz haben sie sich mit Kollagen zur „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“ ihrer Schule beteiligt. Für ein anderes Projekt, ein selbst gearbeitetetes Weinrebengestänge, wurden sie von der Stiftung Brandenburger Tor ausgezeichnet. Hier knüpften sie Kontakte zu dem ebenfalls preisgekrönten Künstler Lothar Oertel. Er betreut die aktuellen Projektwochen künstlerisch.

In der leer geräumten „Alten Werkstatt“ sind die Ergebnisse der Arbeit aufgebockt. Lothar Oertel beschreibt: „Sie sehen hier eine Art begrüntes Labyrinth, in dessen Zentrum eine Treppe aus Beton ins Leere ragt.“ Andreas, der am Modell mitgebastelt hat, ergänzt: „Die Treppe symbolisiert die Träume der Menschen im Arbeitslager.“ Ein anderer Schüler erklärt „Jede Ecke des Modells symbolisiert einen Gebäudeteil.“ Das Modell ist auf einem Feld aus Kieselsteinen gebaut, „damit die Gedenkstätte auch taktil und akustisch erfahrbar ist“, erläutert Oertel und fährt mit der Hand durch die Miniatursteine. Als Kontrast zum „schönen Grün“ des Labyrinths sei ein Stück rohe Mauer gedacht, erklärt der bärtige Künstler weiter. Daneben steht eine eckige Minisäule mit Informationstafeln, die die künftigen Besucher zum Thema „Zwangsarbeit“ informieren soll.

Ein ehrgeiziges Projekt, für das die Schule mindestens 30.000 Mark benötigen wird. Bisher war die Finanzierung ungeklärt. Einen ersten Zuschuss gab das „Berliner Aktionsprogramm für Demokratie und Toleranz Respect“. Und Gerald Walk vom Landeschulamt sicherte begeistert zu, die „vorbildliche Initiative“ nach Kräften zu unterstützen. Vielleicht könne sogar eine feste Stelle für Oertel eingerichtet werden.

Die Arbeit mit dem Künstler war für die Schüler intensiv, aber, so Oertel, „nicht immer einfach“. Erst am 11. Oktober begannen die Vorbereitungen. Bei einem Arbeitsfrühstück diskutierten die Jugendlichen ihre Ideen mit Oertel. „Ich hatte zuerst an eine Skulptur gedacht“, erzählt Andy, der in der Klasse den Wortführer gibt. „Eine riesiges Fernglas mit einem Foto vorne drin und natürlich Informationen“, erklärt er weiter. „Sonst verstehen das Leute in unserem Alter einfach nicht.“ Oertel hingegen wollte anfangs ganz auf Informationsmaterial verzichten. Doch die Gruppe setzte sich durch.

Andy hat am großen Modell mitgebaut. Im Maßstab 1:1 steht das Labyrinth als Holzgerüst auf einer Rasenfläche, wo bis 1996 noch eine Zwangsarbeiterbaracke aus Kriegszeiten gestanden hat. „Daran wollen wir erinnern“, sagt Andy. Mit Stolz in den Augen blickt er auf seine Arbeit.

BETTINA FICHTNER

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