: Mittelstand geht vor
Kanzler Schröder kämpft gegen die neuen Bankrichtlinien: Deutsche Kleinfirmen seien durch sie benachteiligt
HAMBURG taz ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) kämpft gegen eine Verschärfung der internationalen Kreditrichtlinien für Banken. Das so genannte Basel II sei „in seiner jetzigen Form für Deutschland nicht akzeptabel“, schimpfte er im indischen Bangalore.
Der Kanzler sorgt sich während seiner Asienreise um den heimischen Mittelstand, dem nun wesentlich höhere Zinsen drohen. Jeder müsse nun mit deutschem Widerstand rechnen, so der Kanzler, die Bundesregierung werde Basel II kippen.
Die umstrittene Richtlinie wurde von der in Basel ansässigen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), einer Art Zentralbank der Zentralbanken, entworfen und bereits im vergangenen Jahr veröffentlicht. Eine verbesserte Fassung erschien im Januar. Die Europäische Kommission plant eine entsprechende EU-Richtlinie. Bislang müssen alle Kredite von der Bank oder Sparkasse mit 8 Prozent Eigenkapital unterlegt werden. Für 100 Mark Darlehen muss also vom Kreditinstitut 8 Mark Eigenkapital zurückgelegt werden. Dadurch wird das Risiko für die Geldverleiher eingegrenzt und das internationale Finanzsystem stabilisiert.
Ab dem Jahr 2005 soll diese pauschale Regelung durch unterschiedlich teure Risikoklassen ersetzt werden. Ein sicheres Darlehen an die Bundesregierung wäre dann nahezu ohne Eigenkapitalbelastung möglich und wird entsprechend wenig Zinsen kosten, während ein riskantes Geschäft mit einem IT-Unternehmen oder einem kleinen Friseurladen von der Bank viel Eigenkapital verlangt, weshalb sie einen höheren Zinssatz nehmen wird. Als wie riskant ein Kreditnehmer eingeschätzt wird, soll intern von den Banken oder extern von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s bewertet werden.
Um den Mittelstand, der so mit höheren Kreditzinsen und zusätzlichen Kosten für die Ratings belastet würde, sorgt sich Schröder. Gerade die hiesigen kleinen und mittleren Unternehmen hängen besonders am Tropf der Banken, während die Finanzierung über Bankkredite in Frankreich und den USA nur eine geringe Rolle spielt. Entsprechend kritisch hatten sich daher bereits die bundesdeutschen Verbände von Handwerk und Mittelstand geäußert. Der Informationsservice Creditreform rechnet sogar mit einer Pleitewelle infolge von Basel II. „Dieser Prozess wird sehr viel Kraft kosten, die viele Betriebe nicht besitzen“, befürchtet Helmut Rödl, Hauptgeschäftsführer von Creditreform.
Schröder und sein Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) fordern die Banken auf, die Prinzipien von Basel II „nicht in vorauseilendem Gehorsam anzuwenden“. Tatsächlich ist es bereits Praxis, Handwerksbetriebe mit teuren Zinsen zu belasten. Die Sparkassen werfen den Großbanken sogar vor, aus dem komplizierten Mittelstandsgeschäft zu fliehen.
Mit seiner Ankündigung, Basel II zu kippen, steht Schröder international ziemlich alleine dar. Auch wenn in den Verhandlungen in der Basler BIZ bereits manche deutsche Detailforderung berücksichtigt wurde, steht die Anpassung der Kreditkosten an die Risikoklassen außer Frage.
HERMANNUS PFEIFFER
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