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„Todesreiter der Apokalypse“

Die 28. Römerberggespräche über Gewalt, Terror und Krieg: Friedenspreisträgerin Djebar sucht „Erleuchtung“, die aus der Katastrophe erwächst, Friedensforscher fordern „zähneknirschend“ Fortsetzung der Zerbombung Afghanistans

aus Frankfurt/Main KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Sie wollte den „Wahnsinnigen“ in ihrer Heimat entkommen und in New York „gesunden“. Sie wollte endlich leben wie die Frauen (fast) überall in der anderen Welt; und nicht „lebendig begraben“ sein, wie die Frauen der Taliban und auch viele Frauen in ihrer algerischen Heimat. Die Schriftstellerin Assia Djebar übersiedelte deshalb im August 2001 von Algier nach Manhattan.

Doch die „Wahnsinnigen“ holten sie schnell ein: in Gestalt von „neunzehn Todesreitern der Apokalypse“. Der Anschlag auf das World Trade Center nur zwei Wochen nach ihrem Umzug sei die „finsterste Katastrophe“ gewesen, aus der „Erleuchtung“ erwachsen müsse, sagte die Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels auf dem Podium der 28. Römerberggespräche an diesem Wochenende in Frankfurt am Main. Doch „welches dunkle Wissen da vor uns Blinden im Staub und Schutt der letzten Trümmer entsteht“, könne noch kein Mensch erahnen. Noch herrsche Sprachlosigkeit über eine Tat, die durch ihren „undifferenzierten Hass“ nicht mehr zu deuten sei: „Nicht einmal der Schatten eines Prozesses im Namen der Entrechteten der Dritten Welt ist bei diesen Tätern zu entdecken.“

Der Krieg der Allianz gegen den Terror in Afghanistan war nur ein Thema der Römerberggespräche, auch wenn einige Mitglieder der Friedensbewegung vor der Paulskirche ausschließlich dagegen protestierten. Drinnen ging es vornehmlich um die – geistige – Auseinandersetzung mit dem „neuen Terrorismus“ und mit dem „längst zur politischen Ideologie gewordenen Islamismus“, so der in Syrien geborene Politikwissenschaftler Bassam Tibi. Der müsse auch in Deutschland mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden. Doch am Krieg kam dann kaum kein Redner vorbei. Tibi warf den „links-intellektuellen Kritikern“ des bewaffneten Kampfes gegen den Terror vor, wieder einen „deutschen Sonderweg“ gehen zu wollen.

Dass es zu den Militärangriffen in Afghanistan „keine Alternative gibt“, glaubt auch der Vorsitzende der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, Harald Müller. Er plädierte „zähneknirschend“ für die Fortsetzung der Bombardements. Sie seien „erforderlich, um die Ausbildungslager und die Militärstrukturen der Terrororganisation von Bin Laden zu zerstören“. Wie zuvor schon der Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel verurteile allerdings auch Müller die Angriffe der US-Airforce auf Städte und plädierte dafür, die Luftschläge während des Ramadan auszusetzen.

Dagegen wandte sich der französische Europaabgeordnete Dany Cohn-Bendit, der die Überzeugung vertrat, dass der Terroristenführer Bin Laden nach der Macht in Pakistan strebe: „Da hat er dann die Atombombe“. Dass die Zivilbevölkerung unter dem Krieg leide, so Cohn-Bendit, sei weder ein Argument für einen Stopp der Bombardements, noch eines dagegen. Humanitäre Hilfe sei nämlich nur mit militärischer Unterstützung möglich.

Die Taliban, sagte auch ein Afghane im Exil im Auditorium, hätten schließlich schon lange vor den Angriffen der US-Amerikaner viele Tausend Menschen massakriert und Hilfsgüter geraubt. Millionen von Afghanen seien geflohen – vor den Taliban. Die Weltgemeinschaft habe schon viel zu lange untätig zugesehen. Und ganz weggesehen beim Terror anderswo, wie Assia Djebar beklagte. Täglich würden in Algerien Menschen von islamistischen Terroristen abgeschlachtet. Die „faschistischen Islamisten“ in Algerien seien inzwischen „unrettbar zu gemeinen Mördern an Kindern und armen Leuten“ geworden.

Der US-Terrorismusforscher Bruce Hoffmann verlangte vom Westen eine politische Neuorientierung hin zur Terrorismusprävention. Eine neue Entwicklungshilfepolitik müsse her, die auf die Gesundung der Volkswirtschaften in der Dritten Welt abziele. Das koste viel Geld. Doch nur so könne den Terroristen das Wasser abgegraben werden. Die Rede von Bruce wurde in der Paulskirche vorgelesen; der Mann wollte nicht fliegen.

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