: Ab in die grüne Wüste
Gesamter Landesvorstand der Hamburger Grünen abgewählt. Konsequenz aus Wahl-Debakel
HAMBURG taz ■ Antje Radcke hat auch in ihrer Heimatstadt kein Glück. Die Parteichefin der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) ist zusammen mit dem gesamten siebenköpfigen Landesvorstand zurückgetreten. Auf einer Mitgliederversammlung am Sonnabend hatte die Parteiführung die Vertrauensfrage gestellt – und mit 73 zu 76 Stimmen verloren. Damit wurde der Vorstand zum Schuldigen an der Niederlage der GAL bei der Bürgerschaftswahl am 23. September erklärt. Die Grünen waren von 13,9 auf 8,6 Prozent gesackt, ihre Verluste hatten die Fortsetzung der rot-grünen Koalition unmöglich gemacht. In Hamburg regiert seit 31. Oktober CDU-Bürgermeister Ole von Beust mit einem Rechtsblock aus Union, FDP und der Partei des gnadenlosen Richters Ronald Schill.
Radcke, bis Sommer 2000 Sprecherin der grünen Bundespartei, und ihr gleichberechtigter Co-Parteichef Kurt Edler, ein ausgewiesener Realo, zeigten sich „überrascht und enttäuscht, aber nicht verbittert“. Es sei „legitim, einen Vorstand nach dieser verheerenden Wahlniederlage in die Wüste zu schicken“, kommentiert Edler. Massive Kritik hatte die Versammlung auch an Spitzenkandidatin Krista Sager geübt. Auch sie trage eine Verantwortung für die Wahl-Schlappe. Sager beabsichtigt dennoch, Fraktionschefin der GAL in der Bürgerschaft zu werden, will aber in vier Jahren nicht erneut Spitzenkandidatin werden. Der Antrag, Sager solle „ins zweite Glied zurücktreten“, fand auf der Versammlung allerdings keine Mehrheit. Die Schuldzuweisung an den Parteivorstand bewertete Sager als „alles andere als konstruktiv“. Die Kritiker hätten „keine politische und personelle Alternative angeboten, das ist dürftig“. Bis zur Neuwahl einer Parteiführung gehe gerade im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf jetzt „viel unwiederbringliche Zeit verloren“. SVEN-MICHAEL VEIT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen