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Kirchenleiter, Fahnenjunker – und Pazifist

Cottbus’ Generalsuperintendent Rolf Wischnath (53) will im „Krieg gegen den Terror“ den Kriegsdienst verweigern

Was er von Rolf Wischnath hält, das sollte man den brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm, CDU-Landesvorsitzender, früherer Bundeswehrgeneral und ehemaliger Berliner Innensenator, in diesen Tagen besser nicht fragen: Mit dem Generalsuperintendenten der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg für das südöstliche Brandenburg verbindet Schönbohm eine wunderbare politische Feindschaft. Innerhalb von vier Jahren haben sich die beiden Protestanten dreimal öffentlich gestritten – und nun dürfte dem Exgeneral wieder die eingestaubte Offiziersmütze hochgehen: Der 53-jährige Kirchenmann, Bundeswehrreservist im Range eines Fahnenjunkers der Artillerie, hat wieder zugeschlagen. Ganz pazifistisch.

Auf der derzeitigen Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland im bayerischen Amberg hielt Wischnath eine flammende Rede gegen den Bundeswehreinsatz im „Krieg gegen den Terror“. In Anlehnung an ein Wort des von den Nazis ermordeten Jahrhunderttheologen Dietrich Bonhoeffer begründete und forderte er eine klare Stellungnahme seiner Kirche. Motto: „Geh nicht in diesen Krieg.“ Er selbst werde einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung stellen. Außerdem werde er seine 30-jährige Mitgliedschaft in der SPD beenden.

Zwar ist es eher Interpretationssache, ob es eine „ruhende Mitgliedschaft“ gibt, die er für sich beansprucht: Wischnath gehörte schon immer zu den so streitbaren wie ehrgeizigen Protestanten, die das Scheinwerferlicht nie gescheut haben. Das fing schon damit an, dass er 1967 Bundessieger im Wettbewerb Jugend musiziert im Fach Trompete wurde. Nach dem Studium und der Promotion in Theologie war er wissenschaftlich an der Gesamthochschule Siegen tätig. Später, als Pfarrer im westfälischen Soest, nahm er intensiv an der „Nachrüstungsdebatte“ in der Friedensbewegung teil.

Nach einer stilleren Zeit als Schulreferent, Studienwerksleiter und Pfarrer in Berlin wurde Wischnath schließlich 1995 zum Generalsuperintendenten gewählt. Wischnath wurde zu einem der wenigen liberalen Stimmen in der Mark: Als Vorsitzender des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit suchte er den Streit, wo es galt, Toleranz einzufordern, gerade vom Innenminister: Bei einem spektakulären Fall von Kirchenasyl warf er Schönbohms Behörde „institutionelle Unbarmherzigkeit“ vor. Schönbohm polemisierte gegen Wischnaths Aktionsbündnis, das angeblich nur bunte Broschüren verteile. Öffentlich durchdachte der einen möglichen Ausschluss des Ministers vom Abendmahl. Sein Bündnis bezahlte die Rückkehr des querschnittsgelähmten Noel Martin nach Mahlow bei Berlin, wo er Opfer von Neonazis geworden war. In Guben setzte sich Wischnath für einen Schutz des Gedenksteins des nach einer Hetzjagd verbluteten Algeriers Omar Ben Noui ein.

Wischnath hat bereits mehrere Menschenrechtspreise erhalten – angenommen hat er sie oft mit dem ihm eigenen Humor, dem eine gewisse Schneidigkeit nicht abgeht: So vergaß er auch auf der Synode nicht zu erwähnen, dass er in seiner Wehrdienstzeit den „höchsten militärischen Dienstgrad“ erreichte, „der damals zu vergeben war“. Und noch etwas musste er mitteilen: Sein Vater war Offizier.

PHILIPP GESSLER

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