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Wer trommelt noch für Rudolf Scharping?

Betreten reagiert die SPD auf Scharpings schlechtes Ergebnis bei der SPD-Vizewahl. Riester spricht von „Abstrafen“

NÜRNBERG taz ■ Wen man auch fragt: „Ich war überrascht“ – so beginnen am Tag nach Rudolf Scharpings großer Schlappe fast alle Statements. Bei den Wahlen zu Gerhard Schröders Stellvertretern hat der Verteidigungsminister gerade mal noch die 50-Prozent-Hürde genommen: Auf 58,8 Prozent kam Scharping.

„Normalerweise ist die Partei ja dankbar“, Ministern insbesondere, meint Ludwig Stiegler, der einflussreiche SPD-Fraktionsvize. Alle Unterstützung für den Minister vor und hinter den Kulissen hat nichts gefruchtet. Für keinen anderen Mann wurde in den 24 Stunden vor der Abstimmung so eifrig getrommelt. Generalsekretär Franz Müntefering, Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier, Peter Struck und Kurt Beck, Scharpings Nachfolger als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz, warben in Gesprächen mit Delegierten für den Problemfall. Schröder erwähnte ihn in Interviews und ausdrücklich erneut in seiner Eröffnungsrede. Schon beim letzten Mal hatte der Unglücksrabe nur 73 Prozent erzielt, aber solange auch diesmal eine 7 vorne gestanden hätte, wären selbst kleine Verluste akzeptabel gewesen. Der Absturz um 15 Prozentpunkte dürfte ohne Beispiel in der jüngeren Parteigeschichte sein. Damit steht auch Schröders Plan in Frage, den Verteidigungsminister unbedingt bis zur Bundestagswahl im September 2002 im Amt zu halten.

Scharping ist jetzt so geschwächt, dass selbst Kabinettskollegen öffentlich darüber reden. „Er braucht eigentlich Stärkung und nicht so ein Abstrafen“, sagt Arbeitsminister Walter Riester der taz, „und gestärkt ist er damit nicht.“ Die Meinungen gehen auseinander, woran das schlechte Ergebnis lag – ob an Mallorca oder an Afghanistan. „Das war wohl eine Sammelbereinigung“, lautet Stieglers Urteil. „Es war die Steigerung, die da drin lag“, sagt die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis der taz. „Mich würde so ein Ergebnis schmerzen“, meint sie. Dem Minister, dessen Arbeitswut manche für manisch halten, empfiehlt sie jetzt ein wenig mehr Selbstmitleid: „Vielleicht wäre eine gesunde Prise von Jammern etwas, was ihm helfen würde.“ Doch Rudolf Scharping redet schon wieder. Den Delegierten erläuterte er gestern den Zusammenhang von Außenpolitik und globaler Armut. Die sei „eine Sünde an der Zukunft“, sagte der Minister ohne Zukunft. PATRIK SCHWARZ

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