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Drängelei ins Werderland

■ SPD und Unternehmer in Bremen-Nord packen den alten Plan einer Werderlandtrasse wieder aus. Das Bauressort meint: „Das ist einfach Unsinn“

Eine „dritte Lesumquerung“ steht ganz oben auf der Wunschlis-te des „Wirtschaftsrates Bremen-Nord“. Die Anregung dazu kam von der SPD. Auf ihrem letzten Unterbezirksparteitag stimmten die GenossInnen aus Bremen-Nord mit Zweidrittel-Mehrheit dafür, „die Option für eine weitere Lesumquerung zwischen Lesumbrok und Grohn aufrechtzuerhalten“.

Eine Wende um 180 Grad, denn die aus der Nachkriegszeit stammenden Pläne für die „Werderlandtrasse“ waren 1983 nach jahrzehntelanger Diskussion aus dem Flächennutzungsplan gestrichen worden – mit Unterstützung der SPD. Der Kernbereich des Werderlandes wurde daraufhin unter Naturschutz gestellt. Einen wirklichen Bedarf konnten damals weder ADAC noch Verkehrsplaner feststellen.

Wortführer des kürzlich vollzogenen Meinungswandels bei den GenossInnen aus Bremen-Nord ist der Burg-Lesumer Ortsamtschef Klaus Dieter Kück (SPD), dem die Sache sehr am Herzen liegt. „Bei jeder Wirtschaftsansiedlung hören wir wieder, dass kein Unternehmen nach Bremen-Nord will, weil es so abseits liegt“, rechtfertigt er seine zahlreichen Vorstöße. Kück schwebt eine Straße vom Schönebecker B 74-Knoten an der International University Bremen (IUB) und dem Space Park vorbei vor, mit einer Brücke über die Lesum in Höhe des Sperrwerkes und Anschluss an die Carl-Benz-Straße im Industriepark. Über solche Pläne kann Kücks Kollege Rainer Kammeyer vom Ortsamt in Vegesack nur staunen. Denn die Trasse, die sein Parteigenosse auf den Tisch bringt, verliefe komplett auf Vegesacker Gebiet und mitten durch Wohngebiete hindurch. Die Vegesacker Abgeordneten hätten daher auch gegen den Parteitags-Beschluss gestimmt. Kammeyer erregt: „Die diskutieren das in Burg-Lesum, aber auf Vegesa-cker Gebiet.“

Weil die zunächst freigehaltene Trasse östlich der Kasernen in Grohn nach dem Beschluss von 1983 zum Wohngebiet erklärt und bebaut wurde, wollen sich die Straßenplaner in der SPD nun andere Flächen für das Projekt sichern. Einen entsprechenden Vorstoß wird der Bürgerschaftsabgeordnete und SPD-Unterbezirksvorsitzende Max Liess in Kürze in der Baudeputation machen, wenn diese sich mit dem Bebauungsplan bei der IUB befasst.

Auch wenn die Trasse dort auf dem Papier gezeichnet wird – beim Bauamt Bremen-Nord sieht man die Sache gelassen. „Da schmeißt jetzt halt wieder jemand einen Stein ins Wasser“, wiegelt Amtschef Christof Steuer ab. Das Thema komme immer dann auf, wenn eine der beiden existierenden Lesumquerungen blockiert sei: „Dann fangen alle Leute an zu schreien.“ Mit dem Umbau des Ihlpohler Kreisels zu einer Ampelkreuzung habe sich die Verkehrssituation aber bereits entspannt. Weitere Verbesserungen erwartet Steuer vom bereits beschlossenen Ausbau der A 27. An Plänen für eine dritte Lesumquerung arbeite das Bauamt daher nicht.

Als „ökologiefeindlich und realitätsfern“ qualifiziert BUND-Verkehrsexperte Peter Müller das An-sinnen aus Bremen-Nord. Die „Kück-Trasse“ müsste auf einer hohen Brücke die Lesum überqueren und würde dann mitten im Naturschutzgebiet landen. „Völlig unrealistisch“, so auch der einhellige Kommentar aus Bauamt und Umweltressort. Jedenfalls zurzeit. Denn bei der Anmeldung des Werderlandes als FFH-Gebiet im April 2000 wurde eine neue „Werderlandtrasse“ ausgespart – auf Betreiben des Koalitionsausschusses. hoi

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