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„Das hätte eine ganze Menge entschärft“

Informationspolitik der Innenverwaltung gegenüber der Jüdischen Gemeinde bleibt umstritten. Aufklärung verlangt. CDU fordert ein anderes Versammlungsrecht. Noch keine Hinweise, wer Anschlag auf jüdischen Laden begangen hat

Mit seinem Eingeständnis, die Informationspolitik gegenüber der Jüdischen Gemeinde sei ein Fehler gewesen (siehe Interview), reagierte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auf massive Kritik. So hatte der Vizevorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlins, Moishe Waks, gestern betont, die Innenbehörde hätte veröffentlichen sollen, dass die NPD nicht durch das Scheunenviertel marschieren werde. Über die genaue Route hätten die Behörden dennoch Stillschweigen wahren können. „Das hätte im Vorfeld eine ganze Menge entschärft“, sagte Waks.

Laut Innensenator Körting war bereits am 6. November mit der rechtsextremen NPD eine Routenänderung vereinbart worden. Laut Waks hatte die Gemeinde jedoch „bis zum letzten Augenblick keine gesicherten Informationen“, dass der Aufmarsch nicht durch das Scheunenviertel führen würde.

Nach einem Gespräch mit dem Innensenator erklärte hingegen der Gemeindevorsitzende Alexander Brenner gestern Abend: Durch ein offizielles Schreiben der Innenverwaltung sei der Vorstand der Gemeinde, zu dem auch Waks gehört, rechtzeitig darüber informiert worden, dass die NPD-Demonstration nicht an der Oranienburger Straße vorbeigeführt werde. Die Gemeinde selbst habe auf eine Verlegung der Demonstration gedrängt. An einem „Missverständnis“ liege offenbar, dass es dann über die Informationen zur Kundgebung dennoch zu unterschiedlichen Äußerungen gekommen sei.

Der Polizeieinsatz vor der Neuen Synagoge hat inzwischen zu einer politischen Debatte geführt: Wegen der „unverantwortlichen Polizeitaktik“ und der „skandalösen Informationspolitik“ forderte die PDS gestern die Einberufung des Innenausschusses. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Ratzmann, forderte als Konsequenz eine gründliche Auswertung der Ereignisse unter Einbeziehung aller Beteiligten.

Die CDU verlangte eine Änderung des Versammlungsrechts. „Rechtsextremistische Aufmärsche müssen verboten werden können, wenn sie erhebliche Interessen wie etwa völkerrechtliche Verpflichtungen gefährden“, sagte der innenpolitische Sprecher Roland Gewalt.

Unterdessen bleibt unklar, wer für die Steinwürfe auf den „Kolbo“-Laden der Synagogengemeinde Adass Jisroel in der Tucholskystraße verantwortlich ist. Wie die Polizei mitteilte, hat der Staatsschutz noch keine Hinweise auf mögliche Täter. Ein Zusammenhang mit der NPD-Kundgebung und der Gegendemonstration sei aber eher nicht zu erwarten, da der Anschlag nicht am Tag der Auseinandersetzungen, sondern erst am Sonntagvormittag verübt wurde.

Die Ermittlungen gingen in alle Richtungen – eine Beteiligung eines Teilnehmers der Gegendemonstration, die nahe dem Anschlagsort stattfand, wird jedoch für unwahrscheinlich gehalten. Auch ein möglicher Zusammenhang mit den Anschlägen vom Wochenende in Israel sei zu berücksichtigen.

Adass Jisroel hat wegen des Anschlags mittlerweile Strafanzeige erstattet. Dieser Akt des Vandalismus sei ein gezielter Angriff auf die Sicherheit des jüdischen Lebens und auf die Bemühungen der Gemeinde, „Judentum und jüdischen Alltag als Normalität im Bewusstsein und im Straßenbild der deutschen Hauptstadt wieder zu etablieren“. WERA, GES

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