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Ampel steht auf Rot-Rot

Berlin: SPD, FDP und Grüne können sich nicht auf gemeinsame Koalition einigen. Streitpunkt Steuererhöhungen. Bundes-SPD signalisiert Zustimmung zu Verhandlungen mit der PDS

BERLIN taz ■ Berlin wird vermutlich doch bald rot-rot regiert. Die Verhandlungen über die Bildung einer Ampelkoalition waren in der Nacht zum Dienstag endgültig gescheitert. Die FDP stimmte der Erhöhung einiger kommunaler Steuern nicht zu, die SPD und Grüne für unabdingbar zur Sanierung der zerrütteten Finanzen des Landes erachten.

Die ehemaligen Regierungspartner in spe wiesen sich gestern gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen zu. SPD und Grünen sei es „weniger um Geld als vielmehr um die Machtfrage gegangen“, erklärte der Berliner FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende Günter Rexrodt: „Wir können Steuererhöhungen nicht akzeptieren.“ Wolfgang Wieland, grüner Justizsenator, beschied der FDP „unvereinbare Ziele“: „Die wollten schlank in den Senat und gleichzeitig der eigenen Klientel nicht wehtun. Beides geht aber nicht.“

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) beschrieb vor Journalisten seine gescheiterte Senatsbildung als „ständigen Versuch der SPD zwischen Grünen und FDP zu vermitteln“. „Fassungslos“, so Wowereit, habe er am Verhandlungstisch zugesehen, „wie FDP und Grüne sich wieder und wieder ineinander verhakten“. Viel Zeit sei verloren, aber die SPD trage „keine Schuld daran“.

Konkret war es in der Nacht zum Dienstag zum Abbruch der Gespräche gekommen, als sich die FDP kategorisch einer Erhöhung der Getränkesteuer und der Grundsteuer verschloss. Die FDP behauptete gestern, noch in den Sondierungsgesprächen sei von Steuererhöhungen keine Rede gewesen. SPD-Chef Strieder widersprach im taz-Interview: „Der FDP waren diese Vorschläge seit mindestens drei Wochen bekannt gewesen.“ Über andere als strittig geltende Themen aus den Bereichen Verkehr, Stadtplanung, Schule und Bildung war zu diesem Zeitpunkt des Koalitionsbruchs noch gar nicht verhandelt worden.

Wowereit wird nun versuchen, gemeinsam mit der PDS einen Senat zu bilden. Offiziell äußerte sich Wowereit gestern noch nicht dazu, erinnerte jedoch daran, er habe „schon im Wahlkampf diese Option nicht ausgeschlossen“. Nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 21. Oktober hatte Wowereit auf Druck Gerhard Schröders von einem Bündnis mit der PDS Abstand genommen. Diesmal will die Bundes-SPD ihrem Berliner Landesverband jedoch tatsächlich freie Hand geben. Generalsekretär Franz Müntefering meinte gestern lakonisch zur Ampel: „Das geht eben nur, wenn es geht. Und es geht eben ganz offensichtlich nicht.“ Entscheide sich die Berliner SPD für eine rot-rote Koalition, hätte sie die Unterstützung der Bundes-SPD. Auf Bundesebene werde es jedoch auch künftig keine Zusammenarbeit mit der SED-Nachfolgepartei geben.

Die wieder umworbene PDS gibt sich äußerst kooperativ. Gregor Gysi, der nun erneut als Senator gehandelt wird, erklärte gestern, seine Partei stehe zu Gesprächen bereit. Wenn es erforderlich sei, könnten die Gespräche schon am Donnerstag beginnen. ROBIN ALEXANDER

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