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Wir geloben Besserung: Architekten und Stadtplaner trafen sich in Köln, um über die Bauunkultur zu reden
Manchmal liegt der tiefere Sinn eines Kongresses jenseits der Festreden, Debatten und Vorträge. Für Hartmut Arras, Stadtplaner und ehemals Schüler von Ludwig Mies van der Rohe, begann diese Erkenntnis vor der Haustür: und zwar als Schock. Es müsse Absicht gewesen sein, die Teilnehmer der Tagung in einem Stadthotel unterzubringen, „das an einem Platz liegt, wie er hässlicher nicht sein kann“, meinte der Architekt. Sowohl zur „Einstimmung“ als auch zur „Reflexion“ zum Thema Baukultur in Deutschland habe der Standort gegenüber dem Kölner Hauptbahnhof die Dramaturgie des Kongresses mitgeprägt. Die Schönheiten der Stadt am Rhein waren am Veranstaltungsort gleichsam suspendiert; eine hervorragende Idee, hier über die Bausünden zu sprechen, wie Arras pädagogisch fand.
Wenn die Verantwortlichen dieser schockierenden Realität, die Architekten, Stadtplaner, Bauherren, Verbände und Behörden, sich zur Bestandsaufnahme ihrer Taten treffen, ist in der Regel von Schuldeingeständnissen wenig die Rede. Vielmehr macht man sich mit dem Therapeutikum guter Beispiele Luft. Nicht so in Köln.
Die Liste der Sünden und Sünder, die etwa Peter Conradi, Chef der Bundesarchitektenkammer vorlegte, ist Legion. An oberster Stelle steht der Bund selbst, der sich aus seiner Verantwortung für qualitätvolles Planen und Bauen zurückgezogen habe. Statt als Vorbild aufzutreten, wie das noch Adolf Arndt in seinem berühmten Aufsatz „Demokratie als Bauherr“ (1961) gefordert hatte, „verhökert“ der Bund seine Grundstücke und überlasse die Planung den Generalübernehmern und deren an die Kette gelegten Architekten. Zugleich bedeute die Deregulierung von öffentlichen Planungs- und Bauaufgaben das Ende von Transparenz und Kontrolle. Drängten private Investoren mit Verve in den öffentlichen Raum, folgerte der Architekturtheoretiker Gert Kähler, habe das gravierende Auswirkungen für den Diskurs über Bauentscheidungen: „Ohne öffentlichen Raum gibt es keine Öffentlichkeit.“
Es ist lange her, dass sowohl Architekten als auch der Bund das Bauen wieder zur gesellschaftlichen Angelegenheit erklärten. Mit der vom Bund gesteuerten „Initiative Architektur und Baukultur“, deren Lenkungsgruppe im Vorfeld des Kölner Kongresses in einem „Statusbericht“ Empfehlungen für die Verbesserung des Bauens formulierte, soll am öffentlichen Wesen nun die Baukultur genesen. Ein hehres Anliegen, dem sich die rund 500 Planer am Ende der Tagung verpflichtet fühlten und das laut Bundesbauminister Bodewig auch Thema im Bundestag werden soll.
Den Weg dorthin zeigte Kähler, der den Bericht verfasste, schon einmal auf. Um das „Staatsziel“, nämlich das „Recht auf eine gut gebaute Umwelt“ zu erreichen, müsse das „Qualitätsbewusstsein“ für Architekturen erlernt und gesteigert werden: in Schulen, bei der Lehrerausbildung, an „national bedeutsamen Projekten“, in ausgesuchten Städten der Baukultur oder in „Architektur-Kompetenzzentren“ wie einer Bauakademie, einem innovativen Architekturmuseum oder einer Stiftung Baukultur, die in Berlin gegründet werden soll.
Dass Baukultur nicht identisch sei mit schönen Bauten, sondern aus dem „gesamtgesellschaftlichen Bewusstsein“ über Qualität von Architektur entspringe, mag man noch nachvollziehen. Doch wo soviel mea culpa zu hören war, schoss man hier und da auch über das Ziel hinaus. In einem „Schwarz-Weiß-Buch“ sollten die Guten und Bösen vom Bau jährlich gewürdigt beziehungsweise geächtet werden, regte beispielsweise Kähler an.
Dagegen klang der Aufruf am Ende der Tagung von Karl Ganser, Direktor der IBA Emscher Park, fast schon versöhnlich, obwohl auch der pädagogische Hardware beinhaltete: „Wir, die Architekten, kommen nur weiter, wenn wir uns zumuten, wieder besser zu bauen.“ Gutes Bauen, gute Baukultur als Zumutung – so weit ist man gefallen. Aber man hat immerhin bekundet, es wieder besser machen zu wollen.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
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