: Gebissenes Gewissen
■ Brechmittel in der Bürgerschaft: GAL für Stopp, SPD für mehr Umsicht
Zumindest Hamburgs Grüne finden jetzt arg zweifelhaft, was sie selber in Hamburg eingeführt haben. „Der Einsatz von Brechmitteln muss sofort ausgesetzt werden“, fordert Fraktionschefin Krista Sager. Im Juni hatte Sager als Zweite Bürgermeisterin noch dafür gesorgt, dass die GAL den von SPD-Innensenator Olaf Scholz geforderten Brechmitteleinsatz akzeptierte.
Der Fall des weiterhin im Koma liegenden 19-jährigen Kameruners wird morgen die Bürgerschaft beschäftigen. Die GAL hat das Thema auf die Tagesordnung der Aktuellen Stunde zu Beginn der Plenarsitzung gesetzt. Zudem haben die grünen Abgeordneten Dorothee Freudenberg und Manfred Mahr gestern eine umfangreiche Kleine Anfrage an den Senat gestellt. In 22 Fragen fordern sie detaillierte Auskünfte über den Vorfall und sämtliche polizeilichen und medizinischen Begleitumstände.
Auch die Grüne Jugend findet es „erschreckend verantwortungslos gegenüber dem menschlichen Leben“, dass Schwarz-Schill diese Mittel weiterhin einsetzen wolle.
Die SPD hingegen zeigt sich zwar „bestürzt“, sieht aber keine Alternative zum Brechmitteleinsatz. „Solange Rauschgifthändler Drogen herunterschlucken, um der Strafverfolgung zu entkommen, ist der Staat gezwungen, Beweismittel zur Not gegen den Willen des Betroffenen sicherzustellen“, erklärten die innen- und der gesundheitspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Neumann und Mathias Petersen. Allerdings bitten sie Schwarz-Schill, doch künftig etwas vorsichtiger zu sein und „Konsequenz und Umsicht walten“ zu lassen.
Vollkommen unumwunden äußert sich der Regenbogen: „Scholz, Schill, Brechmittel: Sterben für eine Politik der rechten Symbolik“ kommentiert Ex-Bürgerschaftsabgeordnete Susanne Uhl das Geschehen. „Was Rot-Grün gesät hat, ist auf schrecklichste Weise aufgegangen.“ Die Hamburger ÄrztInnen fordert Uhl auf, „nicht Handlanger einer solch schändlichen Politik zu sein“. Sven-Michael Veit
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