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Zwei Kinder in Hebron getötet

Israel setzt die Politik der Liquidierung verdächtiger Attentäter fort und lehnt eine Feuerpause ab

JERUSALEM taz ■ Beim Abschuss mehrerer Raketen, die offenbar einem führenden Aktivisten des Islamischen Dschihad galten, sind gestern Nachmittag mindestens zwei palästinensische Kinder in Hebron ums Leben gekommen. Insgesamt sollen zehn Menschen verletzt worden sein.

Der Anschlag erfolgte ungeachtet des Waffenstillstandsangebotes militanter Widerstandsgruppen, darunter die Issedin al-Kassam, der militärische Arm von Hamas, sowie die Fatah-nahen Al-Aksa-Märtyrer. Die Bewegungen hatten eine bis zum Ende des Ramadan-Fastenmonats in gut einer Woche befristete Feuerpause in Aussicht gestellt, vorausgesetzt Israel stoppt die Exekutionen, Luftangriffe und Häuserzerstörungen. Doch ein Vertreter des Verteidigungsministeriums erklärte, die Erklärung sei „nicht ernst zu nehmen“.

Das Angebot eines befristeten Waffenstillstandes war vermutlich Reaktion auf das Ultimatum des amerikanischen Nahost-Abgesandten Anthony Zinni, der die Region verlassen will, sollte es nicht innerhalb von 24 Stunden zu einer Annäherung zwischen den Parteien kommen. Die Palästinenser drängen auf eine Fortsetzung der amerikanischen Vermittlungsbemühungen. Auch Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar fürchtet eine weitere Verschärfung der Lage, sollte Zinni seine Drohung wahr machen. Grund für das Ultimatum waren die Gespräche der Sicherheitschefs, die am Sonntag ohne Ergebnis endeten sowie die jüngsten Gewaltübergriffe von beiden Seiten.

Der US-Abgesandte hatte die Gespräche am Sonntag verlassen, nachdem beide Seiten nur gegenseitige Vorwürfe austauschten. Aus dem Büro des Premierministers verlautete, dass Zinnis Ultimatum vor allem an die Palästinenser gerichtet ist. Zu den amerikanischen Forderungen gehört die Entwaffnung und Auflösung von Terrororganistionen sowie die Verhaftung von 33 führenden Terroristen. Palästinenserführer Jassir Arafat hat nach eigenen Aussagen bereits 17 unter Arrest gestellt. Israelische Sicherheitsdienste reden indes von nur zehn Verhafteten.

Problematisch für die palästinensischen Sicherheitskräfte ist, dass sich die noch Gesuchten offenbar nicht im Autonomiegebiet aufhalten. Dazu kommt, dass die Verhaftungen in der Bevölkerung nicht gern gesehen werden. „Unsere Städte sind blockiert und besetzt, die israelischen Soldaten schießen auf uns und jetzt schickt auch noch unsere eigene Führung die Kämpfer ins Gefängnis“, sagte ein Student aus Bethlehem fassungslos über die neue Situation.

Arafat drängt auf ein Ende der Blockaden und der Hinrichtungen verdächtiger Terroristen, was die Israelis ablehnen. Erst am Sonntag entschied das so genannte Küchenkabinett von Premier-, Außen- und Verteidigungsministern über eine Fortsetzung der Angriffe auf die Palästinensergebiete, solange der Terror fortdauert. In einem Interview mit der italienischen Zeitung La Stampa erklärte Außenminister Schimon Peres, dass Arafat mehr tun könne. „Ihm stehen 60.000 Polizisten dafür zur Verfügung“, meinte Peres, schon halb so viel würden ausreichen. SUSANNE KNAUL

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