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Rawa-Frauen bleiben im Untergrund

Die afghanische Frauenorganisation distanziert sich von neuer Regierung: Ministerinnen haben nur Symbolcharakter

BERLIN taz ■ Sie nennt sich immer noch Shala. Die Aktivistin der afghanischen Frauenorganisation Rawa (Revolutionary Association of Women in Afghanistan) bleibt nach wie vor undercover, wenn sie durch Europa zieht, um für ihre Arbeit zu werben. Während die Welt den beiden Ministerinnen der provisorischen Regierung in Kabul applaudiert, erweckt Shala den Eindruck, als wäre Kabul nicht gefallen. Warum guckt die junge Frau, die am Montag in der Berliner „Weiberwirtschaft“ auftrat, immer noch so bitter?

„Wir werden mit dieser Regierung nicht zusammenarbeiten“, kündigt die Afghanin an. „Wir werden im Untergrund bleiben und darüber aufklären, wie diese Regierung zusammengesetzt ist: Drei der vier Gruppen sind Fundamentalisten – und die kennen wir gut.“ Dass auch die Nordallianz ihr Schlächterimage loswerden möchte, beeindruckt Shala wenig. „Wenn diese Leute in Deutschland wären, säßen sie vor einem Gericht für Kriegsverbrecher, in Kabul werden sie stattdessen mit Entwicklungshilfe aufgepäppelt.“

Auch die Chancen der neuen Ministerinnen schätzt Shala gering ein: „Sie durften in der Delegation des Königs nach Königswinter reisen, weil man sie als Symbole brauchte. Auch als Ministerinnen werden sie symbolischen Charakter behalten.“

Rawa, die nach eigenen Angaben mit etwa 2.000 Frauen in Afghanistan und Pakistan arbeitet, sieht sich im Kontrast zu anderen Frauenorganisationen, die ebenso Kliniken und Schulen betreiben, dabei aber durchaus mit den jeweiligen Machthabern kooperieren. Rawa dagegen, so Shala, verweigere konsequent die Zusammenarbeit mit Fundamentalisten. Im Gegenteil kläre die Organisation über deren Menschenrechtsverletzungen auf. Das macht sie nicht nur für die neue Kabuler Regierung gefährlich, auch in Pakistan arbeitet Rawa nach wie vor verdeckt.

Rawa werde verleumdet, mal gälten sie als Ansammlung leichter Mädchen, die eine Demonstration als Vorwand nutzten, um sich auf der Straße zu präsentieren, mal stigmatisiere der Geheimdienst sie als Maoistinnen. Das „revolutionär“ in ihrem Namen stehe lediglich dafür, dass es einer gesellschaftlichen Revolution gleichkomme, wenn Frauen in Afghanistan mehr Rechte bekämen, so Shala. Doch scheint es auch der Name zu sein, der erklärte Frauenunterstützer wie den britischen Premier Blair davon abhält, Rawa zu helfen: Wenn sie das R-Wort aus ihrem Namen doch bitte streichen könnten, ließ er Rawa wissen, dann könne man sie auch unterstützen. Die Antwort: „Wir geben unseren Namen nicht für Geld her.“ HEIDE OESTREICH

Benefiz-Gala u. -Sale am Sonntag, 23. 12. um 20 Uhr im Berliner Tempodrom. Karten unter Tel.: (0 30) 69 53 38 85

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