Um Kopf und Kragen

Wäre der Anlass nicht so schrecklich, könnte man es komisch finden. Und warum lässt sich Ussama Bin Laden überhaupt filmen?

Wenn es nicht von Bin Laden käme, man würde sich dieses Video niemals ansehen wollen: langweilige Kameraführung, miese Bildqualität, dazu völlig unverständlicher Ton. Und Turbane haben wir weiß Gott genug gesehen in den letzten Monaten. Als hätte da jemand eine Videokamera zu Weihnachten geschenkt bekommen und würde jetzt, als ersten Versuch, den Besuch des reichen Onkels für die Nachwelt festhalten wollen, bestenfalls sendbar im Offenen Kanal Kandahar. „Sag doch mal was!“, sagt in solchen Fällen die Stimme aus dem Off zum Gefilmten. Hier sagt sie eben: „Allah sei Dank!“

Trotzdem reizvoll: Bin Laden das erste Mal quasi privat, sogar seine obligatorische Schusswaffe hat er zeitweise beiseite gelegt. Der Mann, erfahren wir, glaubt an Träume. Und hatte Angst, dass der WTC-Plan schon vor der Ausführung enthüllt werden könnte, weil praktisch jeder in seinem Umfeld von Piloten, Flugzeugen und brennenden Türmen geträumt hatte. Aah, mystischer Islam! Wäre der Anlass nicht so schrecklich, man könnte es komisch finden. Man könnte sich vorstellen, Bin Ladens ständiges „Allah sei Dank!“ würde bald Einzug halten in das Clip-Arsenal des Unterhaltungszombies Stefan Raab, per Knopfdruck hinter dessen müde Pointen gequetscht. Schon erstaunlich: Bin Laden redet sich um Kopf und Kragen. Gibt zu, die Anschläge geplant zu haben. Lässt sich dabei – offenbar wissentlich – auch noch filmen und dokumentiert damit, dass er gelogen hat, als er sagte, er habe mit den Anschlägen nichts zu tun. Warum tut er das? Aus Eitelkeit? Das soll das personifizierte Böse sein, das Terrorgenie? Wenn das das Böse ist, ist das Böse ganz schön blöde. KUZ