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Kein Frieden um die Friedenstruppe

Kanzler Schröder informiert Fraktionschefs und fordert klare Abgrenzung der Friedenstruppe vom Kriegseinsatz in Afghanistan. Entscheidung vor Weihnachten? Keine volle Präsenz des Bundestages erwartet. Voraustruppe am 22. Dezember in Kabul

aus Berlin SEVERIN WEILAND

Eine Entscheidung des Bundestages über die deutsche Beteiligung an einer internationalen Friedenstruppe ist weiterhin offen. Er hoffe, so der Kanzler gestern in Berlin, dass der Beschluss noch vor Weihnachten fallen könne. Er räumte allerdings auch die Möglichkeit ein, dass das Parlament notfalls zu einem ungünstigeren Zeitpunkt zusammenkommen könnte, sollte sich der Beschluss des UN-Sicherheitsrates hinausschieben.

Die Bundesregierung rechnet nach Ansicht Schröders aber weiterhin mit einer Entscheidung des UN-Sicherheitsrates in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Erneut machte Gerhard Schröder eine deutsche Beteiligung von Bedingungen abhängig: Die Friedenstruppe müsse in ihren Kommandostrukturen deutlich vom jetzigen Einsatz gegen Bin Laden unter US-Führung getrennt sein; die Truppe müsse mit einem robusten Mandat ausgestattet werden; zudem müssten Dauer und Umfang des Einsatzes geklärt sein. Mit einer Führungsrolle Großbritanniens ist die Bundesregierung laut Schröder unterdessen „sehr einverstanden“.

Der Kanzler machte seine Äußerungen nach einem Treffen mit den im Bundestag vertretenen Fraktions- und Parteichefs. Die CDU-Chefin Angela Merkel wiederholte gestern die Bereitschaft der Union, einem Einsatz zuzustimmen, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“. Merkel forderte zwar erneut eine ausreichende finanzielle Ausstattung des Einsatzes, wollte aber zugleich kein Junktim mit einem Ja der Union im Bundestag herstellen.

Bei den Grünen zeichnet sich unterdessen kein geschlossenes Bild ab. Äußerungen des Fraktionslinken Christian Ströbele deuten zumindest die Möglichkeit einiger Neinstimmen an. So erklärte Ströbele gestern gegenüber der taz, eine Zustimmung der bisherigen Kriegskritiker hänge „von den Details des UN-Beschlusses ab“. Erst nach sorgfältiger Prüfung „werden wir entscheiden, ob wir zustimmen, ablehnen oder uns enthalten“. Ströbele betonte, der internationale Friedenseinsatz dürfe „nicht Teil oder Verlängerung des laufenden Krieges sein“. Der Krieg der USA in der Luft und zu Boden in Afghanistan müsse „zu Ende sein“, bevor die Truppe stationiert werde. Zudem sollte sie neutral besetzt sein und ihre Stationierung die Zustimmung der afghanischen Konfliktparteien haben. Eine Beteiligung der USA an der Schutztruppe lehnte Ströbele ab. Nach Informationen der taz aus Fraktionskreisen wird bei der kommenden Abstimmung nicht mit der Anwesenheit aller Abgeordneten gerechnet. Eine rot-grüne Mehrheit wird dennoch angenommen, da voraussichtlich auch zahlreiche Oppositionsabgeordnete aufgrund anderer Verpflichtungen nicht nach Berlin kommen werden.

Unterdessen drückt der Zeitrahmen, den das Petersberger Abkommen gesetzt hat, auf eine beschleunigte Entscheidung der UN. Nach dem von afghanischen Exilgruppen unterschriebenen Abkommen soll die Interimsregierung am 22. Dezember unter dem Schutz der Friedenstruppe in Kabul ihre Arbeit aufnehmen. James Dobbins, der US-Gesandte in der afghanischen Hauptstadt, versicherte gestern nach einer Meldung der Homepage des britischen Senders BBC, dass „zumindestens Führungsteile“ („lead elements“) der Schutztruppe am 22. Dezember einträfen. Er erwarte aber keine „größere Zahl“ von Truppen, die in Kabul stationiert würden.

Der britische Premierminister Tony Blair erklärte am Montag, bis zu 1.500 Soldaten im Rahmen der Schutztruppe nach Afghanistan entsenden zu wollen – über die genaue Zahl ist auch noch nicht entscheiden. Vor dem Unterhaus in London sagte Blair: „Es gibt eine dringende Notwendigkeit, dass wir, nachdem der Krieg gewonnen wird, auch unseren Beitrag zur Sicherung des Friedens leisten.“

Auch in Berlin herrscht weiter Unklarheit über den deutschen Anteil. Von bis zu 1.500 Mann war zuletzt die Rede. Unterdessen verhandelt offenbar Verteidigungsminister Rudolf Scharping mit Finanzminister Hans Eichel über zusätzliche Mittel, so ein Sprecher des Verteidigungsministers gestern.

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