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Rot-Rot übt Bruchrechnen

SPD und PDS streiten um die Zahl der Senatorenposten für die Sozialisten und die Präambel des Koalitionsvertrages. Offenbar keine Sonderregelung des Abstimmungsverhaltens im Bundesrat

von ANDREAS SPANNBAUER

Die Zahl der zukünftigen PDS-Senatoren entzweit die rot-rote Koalition. Trotz heftiger Ablehnung der Sozialdemokraten bestehen die Sozialisten auf vier Senatorenposten. „Das Verhältnis von fünf zu vier drückt das Wahlergebnis angemessen aus“, sagte PDS-Fraktionssprecher Günter Kolodziej am Mittwoch. Bei den Wahlen am 21. Oktober 2001 hatte die SPD 29,7 und die PDS 22,6 Prozent erhalten.

Die PDS bezieht in ihren Berechnungen den Regierenden Bürgermeister mit ein und kommt so auf neun Senatsmitglieder. Die SPD lehnt dies strikt ab. „Wir reden nur über die Senatoren“, sagte der stellvertretende Landesvorsitzende Andreas Matthae. „Für uns steht fest, dass wir bei einem Verhältnis von fünf zu drei bleiben.“ Matthae warnte die PDS vor „Muskelspielchen“ in der Öffentlichkeit: „Das ist nicht nützlich.“

Eine Gefährdung der Regierungsbildung schlossen beide Parteien dennoch aus. Der PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi rechnete mit einer Verständigung. „Wir haben wirklich andere Brocken gehoben.“ Auch Matthae sagte, die PDS würde bei einem Scheitern ihre Reputation verlieren. „Das wird sie nicht riskieren.“

Die Verhandlungen werden am Montag fortgesetzt. Bis dahin will sich die PDS-Delegation auf bis zu vier Vorschläge einigen. Als möglicher Kompromiss wird in Senatskreisen die Besetzung des achten Senatorenpostens mit einem unabhängigen Kandidaten genannt, der von beiden Parteien getragen wird. „Die Nominierung von Senatsmitgliedern ist nicht nur vom Parteibuch abhängig“, sagte PDS-Sprecher Kolodziej. In der SPD hält man auch einen Ausgleich durch zusätzliche Staatssekretärsposten für möglich.

Gysi bekräftigte den Anspruch der PDS auf eines der Schlüsselressorts Finanzen, Stadtentwicklung oder Wirtschaft. Am Ressort für Inneres ist die PDS dagegen nicht interessiert. Der SPD-Landesausschuss will am Montag entscheiden, welche Ressorts die Sozialdemokraten beanspruchen.Teile der SPD würden es vorziehen, der PDS das Finanzressort zuzuschustern, um nicht selbst für die Sparmaßnahmen verantwortlich gemacht zu werden.

In Verhandlungskreisen wurde nicht ausgeschlossen, dass sich die Koalition schon in der kommenden Woche auf die Besetzung der Senatorenämter einigen könnte. Außerdem müssen noch die Ressortzuschnitte sowie die Einführung einer Budgethoheit für die Senatsverwaltungen geklärt werden.

Darüber hinaus will sich die rot-rote Koalition am Montag auch über die umstrittene Präambel des Koalitionsvertrages einigen, die sich auch mit der SED-Vergangenheit des kleineren Koalitionspartners beschäftigen wird. Die PDS begrüßt dies grundsätzlich, schließt jedoch „Demutsgesten und Unterwerfungsrituale“ aus.

Vom Tisch scheint dagegen die von der SPD geforderte Frage eines gesonderten Abstimmungsverhaltens Berlins im Bundesrat zu sein. PDS-Sprecher Kolodziej ging davon aus, dass Berlin „auf die in der Bundesrepublik üblichen Art und Weise“ abstimmen werde. In den Sondierungsgesprächen hatte die SPD einen Einfluss der PDS auf Entscheidungen im Bundesrat noch abgelehnt. Diese Forderung ist bei den Koalitionsverhandlungen bisher nicht zur Sprache gekommen.

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