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Schläger vor die Tür

Polizei startet Modellversuch. Prügelnde Ehemänner bekommen Hausverbot für die eigene Wohnung

Schreie in der Nachbarwohnung. Ein ganz normaler Ehestreit, oder ist das mehr? Prügelt der Mann wieder einmal seine Frau oder Feundin? In Berlin flüchten jährlich 2.000 Frauen und 2.000 Kinder vor häuslicher Gewalt in die sechs Frauenhäuser der Stadt.

Damit das Opfer aber nicht mehr das soziale Umfeld verlassen muss, sollen nun die prügelnden Täter der Wohnung verwiesen werden. Dieses Modellprojekt „Platzverweis aus der Wohnung in Fällen häuslicher Gewalt“ wurde gestern vom amtierenden Polizeipräsidenten Gerd Neubeck und Frauensenatorin Gabriele Schöttler (SPD) vorgestellt. Danach „müssen gewalttätige Täter die Wohnung verlassen und dürfen diese auch bis zu sieben Tagen nicht mehr betreten“, so Neubeck. Während der Abwesenheit des Mannes sollen die Frauen von der Berliner Initiative gegen Gewalt gegen Frauen (BIG) unterstützt werden. Dort erhalten sie rechtliche und psychosoziale Beratung.

Die Frau kann derweil ohne weitere Repressalien von Seiten des Mannes zivilrechtliche Schutzmaßnahmen beantragen. Diese wurden durch das am 1. Januar in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz verbessert. So können beispielsweise gerichtliche Anordnungen einfacher beantragt und vollzogen werden. Dadurch kann etwa die gemeinsamen Wohnung der Frau zur alleinigen Nutzung zugewiesen werden. Auch kann über den Mann ein Kontaktverbot verhängt werden. Er darf dann seine Frau weder anrufen noch auf der Straße abfangen. Damit soll der Frau die Möglichkeit gegeben werden, den Teufelskreis aus Gewalt, Ausweisung und erneuter Gewalt zu durchbrechen, betonte Schöttler.

Damit der Täter nicht auf der Straße sitzt, erhält er Adressen von Anlaufstellen, bei denen er rund um die Uhr Obdach erhalten kann. Das Modellprojekt läuft zunächst sechs Monate in den Stadtbezirken Marzahn, Hellersdorf, Hohenschönhausen, Weißensee und Prenzlauer Berg. Bewährt sich das Projekt, soll es auf ganz Berlin ausgeweitet werden.

Gewalt in den eigenen vier Wänden sei besonders „perfide, da diese Gewalt in geschützten Räumen stattfindet“, sagte Schöttler. Da es deshalb eine große Dunkelziffer gibt, wurde erstmals für Berlin eine Statistik für das vergangene Jahr erstellt. Danach wurden 5.375 Fälle häuslicher Gewalt registriert. Berlin ist nach Baden-Württemberg das zweite Bundesland, das das Projekt „Platzverweis“ testet.

MARTINA NIX

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