: Zwei Stimmen für Wowereit
Ab Montag streiten sich SPD und PDS über die zukünftigen Senatoren. Einen Job darf der Regierende Bürgermeister Wowereit allein vergeben: Zwei namhafte Kandidaten wollen Senatssprecher werden
von ROBIN ALEXANDER
Der Job klingt gar nicht nach so viel Einfluss: „Senatssprecher“. Ein Sprecher nur, ein Weitersager und Berichter, die treue Stimme des Regierenden Bürgermeisters ohne eigene Entscheidungsbefugnis? Von wegen! In Berlin, wo sich etliche Kameras auf die Verkündung jeder lokalpolitischen Petitesse richten, ist der Senatssprecher zur wichtigen Funktion geworden.
Gleich zwei erfahrene Medienprofis ringen um das Sprecheramt des neuen rot-roten Senats. Helmut Lölhöffel, Sprecher des rot-grünen Übergangssenats, wurde zwar bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren nicht von Klaus Wowereit ausgesucht, hat aber erfolgreich am Bild des Regierenden Charmbolzens mitgemalt. Eben dieses Verdienst kann auch Michael Donnermeyer für sich beanspruchen: Der 41-Jährige leitete Wowereits Wahlkampf, der siegreich war, im Rückblick aber nicht als fehlerfrei gilt. 1998 half Donnermeyer in der legendären Kampa Gerhard Schröder zum Bundeskanzler zu machen und fungiert jetzt als Sprecher des Parteivorstands der Bundes-SPD. Ambitionen auf das Sprecheramt werden Donnermeyer seit Wochen nachgesagt. Am Donnerstag meldete die Welt Vollzug: „Bundes-SPD und Senatskreise“ hätten bestätigt, dass Donnermeyer Lölhöffel ablösen solle. „Parteikreise“, so das Blatt weiter, berichteten, Bundeskanzler Schröder und Generalsekretär Müntefering wollten mit Donnermeyer einen „Aufpasser“ installieren, der rot-rote Störungen im Jahr der Bundestagswahl unterbinden solle.
Beide Konkurrenten lehnen Äußerungen in dieser Frage kategorisch ab. Kein Wunder, schadet die öffentliche Erörterung der Personalie doch den Bewerbern. Im Roten Rathaus, wo der Senatssprecher arbeitet, ist man seit Wochen sauer, dass Donnermeyer regelmäßig in der Presse als Sprecher in spe genannt wird. Aber auch im Willy-Brandt-Haus, wo Donnermeyer für die Bundespartei aktiv ist, wähnt man den eigenen Mann als Opfer. Es sei doch „absurd und jenseits aller politischen Intelligenz“, dass ein Sprecher den Regierungschef kontrollieren könne. „Reine Spekulation“ seien Berichte, das Arbeitsklima zwischen Donnermeyer und Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig sei gestört.
„Wir haben die Auswahl zwischen zwei guten Kandidaten, mindestens zwei“, versucht ein Insider in der Berliner SPD die Situation positiv zu sehen. Immerhin signalisiert Hans-Peter Stadtmüller, der als Sprecher der SPD-Abgeordnetenhausfraktion mit Wowereit zusammenarbeitet, vorsichtig, seine Ambitionen, in die Exekutive zu wechseln, seien kaum ausgeprägt. Er verstehe sich auch mit dem neuen SPD-Fraktionschef Michael Müller „hervorragend“. Es wird also auf Donnermeyer oder Lölhöffel hinauslaufen, wobei Ersterer in der Öffentlichkeit und in der Führung der Berliner SPD zur Zeit die Nase vorn hat: Er war Sprecher des Landesverbandes und versteht sich gut mit SPD-Chef Strieder. Sein Image eines Medienprofis soll gegen eine potenzielle mediale Übermacht Gysis helfen. Dabei genießt Helmut Lölhöffel (57), dessen Ablösung voreilige Beobachter schon im Sommer prophezeiten, hohen Respekt unter den Berichterstattern. Früher Journalist bei Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung hat Lölhöffel nach dem Abgang des unsäglichen Diepgen-Sprechers Butz Standards in Sachen fairer Information gesetzt.
Die öffentliche Auseinandersetzung um das mit 7.102 Euro monatlich hoch dotierte Amt hat eine absurde Komponente. Anders als alle Senatorenämter und alle anderen Ämter im Range eines Staatssekretärs, ist der Posten des Senatssprechers nicht abhängig von innerparteilicher Arithmetik oder gar Vereinbarungen zwischen den Koaltionspartnern SPD und PDS. Den Sprecher wählt nur einer aus: Klaus Wowereit, der dafür bekannt ist, seine Personalentscheidungen erst in letzter Minute bekannt zu geben. Wowereit, der am Wochenende aus dem Karibikurlaub zurückkehrt, hatte bis gestern mit keinem der beiden Kandidaten gesprochen.
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