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Schlüsselfigur mit Stallgeruch

Udo Nagel, der neue Hamburger Polizeipräsident, soll das Schill-Programm erfüllen und will trotzdem kein Rambo sein

Der Erwartungsdruck ist enorm. Keine Personalentscheidung des neuen Hamburger Rechtssenates von CDU, Schill-Partei und FDP ist bisher so einhellig begrüßt worden wie seine Berufung zum neuen Hamburger Polizeichef: Udo Nagel muss mit dem Image des Hoffnungsträgers zurechtkommen. Dem 50-jährigen Münchner kommt eine Schlüsselrolle im Politikkonzept von Innensenator Ronald Schill zu. Nagel soll „konsequent durchgreifen“ und damit die Vorgabe erfüllen, die Schill im Vorjahr zum Zentrum seines Wahlkampfes gemacht hat: die Kriminalität in Hamburg spürbar senken.

Dass Nagel von der Isar an die Elbe wechselt, sei auch „meinen guten Beziehungen zum bayrischen Innenminister Beckstein zu verdanken“, lobt Schill die neue bayrisch-hamburgische Sicherheitsachse. Günther Beckstein entlasse Nagel denn auch „mit einem weinenden Auge“, denn „solche herausragenden Persönlichkeiten sind auch in Bayern selten“. Der Kriminaldirektor hat zuvor die Abteilung Verbrechensbekämpfung im Polizeipräsidium München geleitet und war mal Chef der Mordkommission – aus dieser Zeit stammt sein Spitzname „Mister 100 Prozent“: Sämtliche Mordfälle konnten damals aufgeklärt werden.

In Hamburg muss Nagel allerdings mit ganz anderen Aufgaben klarkommen, und das ist ihm auch bewusst: „Hamburg und München sind von ihrer Struktur nicht vergleichbar“, sagt er und spuckt seinem Innensenator damit das erste Mal in die Suppe. Schills politische Rhetorik lebt schließlich davon, die niedrigere Kriminalitätsrate Münchens stets den Hamburger Verbrechenszahlen gegenüberzustellen.

Auch in einem anderen Punkt machte Nagel schon bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Hamburg deutlich, dass er anderer Ansicht ist als sein Dienstherr: So gibt er den Abwerbeversuchen von Polizisten in anderen Bundesländern keine Chance: „Das bringt nichts“, sagt er kurz und bündig.

Solche Sätze schmecken Schill zwar nicht sonderlich, großer Krach zwischen Nagel und seinem Senator steht trotzdem nicht zu erwarten. Schill kann sich vielmehr in der Öffentlichkeit als generöser Politiker präsentieren, der auch einem selbstbewussten Polizeipräsidenten die lange Leine gönnt, solange das Ziel, die Kriminalitätsrate nach unten zu fahren, erreicht wird. Nagel habe die „uneingeschränkte Rückendeckung“ der Innenbehörde, betont Schill.

Und Nagel dankt es ihm, indem er die umstrittenen gewaltsamen Brechmitteleinsätze der Hamburger Polizei gegen Drogendealer schon im Vorhinein als notwendig rechtfertigt. Damit beruhigt er die Hardliner in CDU und Schill-Partei, auch wenn er sagt: „Rambos brauchen wir bei der Polizei nicht.“ Die Voraussetzungen, dass Nagel in Ruhe und erfolgreich arbeiten kann, sind jedenfalls gut. Nagel ist seit langem der erste Hamburger Polizeichef mit Stallgeruch. Sein Vorgänger Justus Woydt (SPD) war Soziologe und nie mit dem Apparat warm geworden – das Hauptargument, mit dem Schill ihn im Wahlkampf attackiert hatte. Jetzt hat man den „ausgewiesenen Fachmann“, den Schill immer haben wollte. Und selbst der in Hamburg widerborstige Polizeiapparat, immer für eine interne Intrige gut, wird ihn zumindest die ersten hundert Tage in Frieden lassen. PETER AHRENS

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