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Tödlicher Überfall im Gaza-Streifen

Bei einem palästinensischen Angriff auf eine israelische Militärstation kommen sechs Menschen ums Leben. Der Zwischenfall unterbricht eine dreiwöchige Beruhigung der Lage. In der Affäre um das Waffenschiff „Karine A“ halten sich die USA zurück

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Sechs Tote und einen Schwerverletzten hat gestern am frühen Morgen ein Schusswechsel im südlichen Gaza-Streifen gefordert. Zwei Palästinenser, die offenbar Uniformen der Wasserpolizei trugen, überwanden den Grenzzaun zu Israel und überfielen mit Maschinengewehren und Granaten einen Militärposten. Bei den rund 30 Minuten andauernden Gefechten wurden die beiden Angreifer und vier Soldaten erschossen. Der in Jordanien ansässige Hamas-Führer Chaled Mashal erklärte einer libanesischen Rundfunkstation gegenüber, seine Leute seien für den Angriff verantwortlich.

Die palästinensische Führung stritt Berichte ab, nach denen die Angreifer aus den Reihen der palästinensischen Sicherheitskräfte stammen. Aus dem Umfeld von Israels Premierminister Ariel Scharon war zu vernehmen, dass ein Vergeltungsschlag geplant sei. Aus Sorge vor einem Angriff evakuierten die Sicherheitskräfte im Gaza-Streifen und Westjordanland ihre Quartiere.

Der Zwischenfall unterbricht eine gut drei Wochen andauernde Beruhigung der Lage. Am Dienstag berichtete die seriöse Tageszeitung Haaretz von „bereits 48 Stunden ohne einen einzigen Schussübergriff“. Gerade hatte Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliesar die baldige Umsetzung des Tenet-Arbeitsplans in Aussicht gestellt, sollte die Waffenruhe andauern. Nun muss mit der Zählung der von Premierminister Ariel Scharon geforderten sieben Tage Feuerpause von vorn begonnen werden.

Der versuchte Waffenschmuggel über den Seeweg schien offenbar nicht ausreichend Grund für die israelische Regierung zu sein, eine Umsetzung der amerikanischen Initiative erneut zu verschieben. Allerdings wurde aus hohen Militärkreisen die Forderung laut, die Verantwortlichen für den Waffenschmuggel, vor allem Fuad Shubaki, ein enger Vertrauter Arafats, der als Drahtzieher der Affäre gilt, zu inhaftieren. Das Schiff „Karine A“ war letzte Woche mit einer Ladung von 50 Tonnen Rüstungsmaterial, darunter Gewehre, Munition, Granaten, Katjuschas und Anti-Panzer-Raketen, von einem Sonderkommando der israelischen Marine im Roten Meer gekapert worden.

Während die israelische Regierung darauf beharrt, dass die Ladung an die palästinensische Führung adressiert gewesen sei, halten sich die USA mit einer direkten Anschuldigung gegen Palästinenserpräsident Jassir Arafat vorläufig zurück. „Wir sind dabei, Informationen zu sammeln“, sagte der Sprecher des State Departement. Um dabei Hilfestellung zu leisten, reiste ein Team des israelischen Nachrichtendienstes gestern in die USA.

Tatsächlich geben hohe israelische Militärs zu, nicht beweisen zu können, dass Arafat von dem Schmuggel wusste. Es spreche allerdings alles dafür. „Wenn Arafat jede 100-Dollar-Ausgabe abzeichnen muss, dann wird für 10 Millionen Dollar sicherlich zuvor sein Okay eingeholt werden müssen.“ Dazu komme, dass er „seit 25 Jahren eng mit Shubaki befreundet ist“, meinte ein israelischer Offizier.

Besonders belastend für die Autonomiebehörde ist ein Anfang der Woche in israelischen Rundfunksendern veröffentlichtes Interview mit dem Kapitän des „Karine A“. Darin heißt es, dass die Ladung von hohen Mitgliedern der palästinensischen Autonomiebehörde bestellt worden sei. Der Kapitän, der vorgab, Offizier der palästinensischen Wasserpolizei zu sein, hielt es dennoch für möglich, dass Arafat nicht in die Operation eingeweiht war. Kabinettsmitglied Saeb Erekat stritt jede Beteiligung der palästinensischen Führung ab. Auch der Schiffskapitän stünde „seit über fünf Jahren nicht mehr im Dienst der Wasserpolizei“. Informationsminister Jassir Abed Rabbo kündigte eine Untersuchung an.

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