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Nach dem Urteil lauter Sieger

■ Privatisierung staatlicher Aufgaben ist verfassungskonform / Staatsgerichtshof weist Klage der Grünen zurück, gibt aber Handlungsanweisungen / Wichtige Details überlässt es dem politischen Streit

Ist es rechtens, wenn der Staat eigene Aufgaben an private Gesellschaften vergibt wie im Fall der BIG, die für die Stadt Wirtschaftsförderung betreibt? Oder werden damit Informations- und Kontroll-Möglichkeiten der Abgeordneten im Parlament beschnitten?

Der Staatsgerichtshof urteilte gestern über die von den Grünen erhobene Klage gegen die Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Das oberste Bremer Gericht stellte fest, dass das Beleihungsgesetz, in dem die Aufgabenübertragung geregelt ist, mit der bremischen Landesverfassung in Einklang steht. Dennoch zeigten sich die Grünen in der anschließenden Pressekonferenz „sehr zufrieden“ mit dem Urteil (ausführlich dazu Seite 22). Denn die Richter stellten gleichzeitig fest, dass die Kontrollrechte des Parlaments in Bezug auf diese Gesellschaften durchaus in Gefahr sind. Während Abgeordnete bei behördlichen Dienststellen jederzeit Akteneinsicht nehmen können, gestaltet sich das bei den Staats-GmbHs oftmals schwierig. Das Gericht hat nun festgelegt, dass die Volksvertreter gegenüber den GmbHs die gleichen Rechte haben.

Die Entscheidung aber, ob Kontrolle und Aufsicht über die zur Zeit beliehenen sechs Gesellschaften ausreichen oder ob nun nachgebessert werden muss, wurde vom Gericht wieder an Parlament und Senat zurückgegeben. Denn mit der konkreten Praxis hat sich der Staatsgerichtshof nicht beschäftigt.

Aber die Richter haben für das Gesetz doch eine Art Gebrauchsanweisung geschrieben. So diktierten sie den Privatisierern im Senat ein deutliches Wort ins Stammbuch: Auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung muss es eine umfassende Fachaufsicht geben – und diese Aufsicht muss zudem effektiv sein. Das war der Punkt, den die Grünen und dann auch die Bremer SPD immer wieder bemängelt hatten. Zwar würden dem Parlament Controlingberichte zugehen, die aber seien so unverständlich, dass eine echte Kontrolle nicht stattfinden könne. Karoline Linnert, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Auch wenn es jetzt keinen Anlass für jubelnde Begeisterung gibt, das Gericht hat die parlamentarische Kontrolle wieder oben an gestellt.“

So wie die Grünen und ihre Rechtsbeistände das Urteil auffassen, müssten in Zukunft sehr viel mehr Vorgänge in der Bürgerschaft behandelt werden, als das bislang der Fall war. „Die BIG kann jetzt nicht mehr einfach Verträge mit Tschibo über ein Gebäude auf dem Bahnhofsvorplatz abschließen und die Parlamentarier erst informieren, wenn schon alles gegessen ist“, nannte Linnert ein Beispiel. Denn das Auskunftsrecht der Abgeordneten darf nach dem Urteil nicht an den Eigeninteressen der Gesellschaften enden. Bislang wurde die Geheimhaltung solcher Vorgänge oft mit „laufenden Verhandlungen“ begründet.

Die Reaktionen auf das Urteil gingen gestern naturgemäß auseinander. Mit den Worten „besser hätte es für uns gar nicht laufen können“, verließ Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer das Gericht am Osterdeich, ein Lächeln auf den Lippen. Und die Stellungnahme des Senats hebt hervor, dass auch nach dem Urteil „der organisierten Privatisierung öffentlicher Aufgaben keine grundsätzlichen verfassungsmäßigen Bedenken entgegenstehen.“ Immerhin plant der Senat aber, „die bereits entwickelten Methoden der Unterrichtung des Parlaments gemeinsam mit diesem weiter zu verfeinern.“ Unter der ebenfalls richterlich angeordneten Maßgabe, dass gleichzeitig Regeln für die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen durch die Abgeordneten getroffen werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen fordert den Koalitionspartner nun auf, sich über solche neuen Regeln und Gesetze zu verständigen, mit denen die Gesellschaften ausreichend kontrolliert werden können. Sowohl die Sozialdemokraten als auch die Grünen haben Vorschläge dazu vorgelegt – bislang scheiterten sie am Widerstand der CDU. Und werden das auch weiter tun.

Jens Eckhoff, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion sieht nach diesem Urteil keinen Handlungsbedarf. „Für uns als Parlamentarier bleibt der Senator der Ansprechpartner.“ Dem Informationssrecht würde auf diese Weise schon jetzt in vollem Umfang genügt. Wir wollen da nicht in jede Gesellschaft reinregieren, auch wenn die Sozialdemokraten das anders sehen“, stellte er klar. Auch die Frage, ob die fachliche Aufsicht in der Verwaltung gewährleistet sei, müsse der zuständige Senator klären und jetzt nach dem Urteil eventuell Personal dafür zur Verfügung stellen. Elke Heyduck

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